Hammelburger Geschichte(n)

Fehden zwischen Würzburg und Fulda

Sie trauten einander nicht, die beiden großen Territorialmächte Würzburg und Fulda. An exponierter Stelle ihres Einflußgebietes lagen Reußenburg und Sodenburg. Von beiden Burgen aus griffen die Thüngen um sich. Eine mannigfache Verflechtung thüngischer Interessen stand dem Bestreben beider Stifte entgegen, in diesem Raum ihre Machtposition zu stärken. 1386 zog Bischof Gerhard „zu Fuß und zu Roß“ gegen die Reußenburg, die Öffnung der Burg konnte er jedoch nicht erzwingen. Kurzentschlossen erklärte er die Ganerben der Burg für Landfriedensbrecher. Doch die Thüngen fühlten sich in dieser Zwangsrolle ganz wohl.
1391 ging es um den Sodenberg; er war für Würzburg, Fulda und Thüngen in gleicher Weise wichtig. Den Sodenberg konnte Bischof Gerhard 1393 zwar einnehmen , aber vom nahen Hammelburg mußte er doch die Finger lassen. Mit Schimpf und Spott haben die stolzen Bürger damals die Würzburger von ihren Mauern verjagt. Sie hatten ein gutes Gedächtnis: Hatte nicht der Fürstbischof schon 1342 ein Auge auf Hammelburg geworfen? Und wie dieser erste Angriff abgeschlagen wurde, so erging es ihnen auch beim zweiten Versuch 1385. Gescheit wurden die Würzburger allerdings nicht...
Am 2. April 1393 mußte Erzbischof Konrad von Mainz Zwistigkeiten des Bischofs Gerhard beilegen, in die er mit einer Reihe von fränkischen Adeligen verwickelt war. Unter diesen befanden sich Dietz III. von Thüngen auf dem Reußenberg („der alte Dietz“), Ritter Wilhelm von Thüngen u. a. und „sie sollen sehen, was die von Thüngen haben an Weingärten, Äcker, Wald, Wasser und Weide am Sodenberg gelegen, und auch an dem Dorfe Ossental mit seiner zugehörunge, ausgenommen der wiesen uff der Sale gelegen“. Diese Notiz belegt also bereits für 1392 den Sodenberg als wirtschaftliches Gut mit ansehnlichem Besitz .
Zu dieser Zeit taucht erstmals der Name Kyliganstein, Kilianstein auf. In einem Vertrag von feria quarta p. f. palmarum 1393 , am Mittwoch in der Karwoche, lautet ein Passus: „Auch entscheiden und richten wir die vorgeschriben partyen umb den berg da die bürg uff gebuwet ist daz itzünt genant ist der Kyligansten also ...“ Warum diese Neu- und Umbenennung? Wir wissen es nicht. Als Kilianstein macht die Burg fortan Geschichte.
Im Jahr 1393, dem vermeintlichen Jahr der Erstbenennung des Sodenberges, muß der Mainzer Erzbischof wieder Schiedsrichter spielen im Streit um den Sodenberg. Laut Schlichtungsvertrag soll die Familie von Thüngen ihr Schloß Kilianstein neben anderen ungenannten Gütern für 2 000 Gulden an das Hochstift Würzburg abtreten-. Auch müssen sie geloben, die alten Verträge einzuhalten und den Wünschen des Bischofs stets nachzukommen . Was sollen sie unter Pressionen auch machen, die schlauen Thüngen, wenn sich die Schlinge stetig und beängstigend zuzieht ? Natürlich schließen sie den Vertrag ab, um der kaiserlichen Acht zu entgehen. Aber alle Abmachungen waren in den Wind gesprochen. Die räuberischen Ausfälle nehmen künftig noch schlimmere Ausmaß an. So mußte es abermals zu Streit und Kriegsfehden kommen.
1395 zieht Bischof Gerhard mit einem Heerhaufen vor den Sodenberg und nimmt gewaltsam das Raubschloß Kilianstein in seinen Besitz . Diesmal hatte er sich „rückversichert“; mit dem Titel „Stiftspfleger des Klosters Fulda“ gelingt ihm ein Zweifaches: Fulda läßt ihn gewähren, und die Thüngen müssen wohl oder übel einwilligen.
Im März 1395 verpfändet der zum fuldischen Stiftspfleger avancierte Fürst die eingenommene Burg an die Ritter Ludwig und Fritz von Hutten (und Reinhard Voit von Rieneck) um 200 Gulden . Die Verpfändung war mit der ausdrücklichen Auflage verbunden, 1000 Gulden vom Pfandgeld in die Burg zu verbauen. Warum das? Ließen etwa die Thüngen, mit kriegerischen Auseinandersetzungen dauernd beschäftigt, die Gebäulichkeiten so arg herunterkommen? Das könnte durchaus der Fall gewesen sein und würde sogar für ein frühes Alter unserer Burg sprechen - oder die Burg war bei der Belagerung ziemlich stark beschädigt worden.
Doch so leicht wollten die Thüngen nicht auf ihr Schloß verzichten. Sie verbündeten sich mit den Städten gegen das Stift Würzburg. Das Aufbegehren gegen den Bischof war anfangs auch von Erfolg begleitet. Freilich dauerte das Glück der elf Städte nicht lange .
Im Jahre 1400 vernichtete Bischof Gerhard zu Bergtheim bei Schweinfurt die Selbständigkeit der Städte für immer. Es war eine mörderische „Schlacht“ : „Elfhundert Bürger blieben todt auf dem Walplatze, vierhundert wurden gefangen“, lesen wir beim Historiker Fries. Der Adel wurde nach seinem Vermögen „geschätzt“ und dann zur Kasse gebeten, viele gefangene Bürger geköpft, erhängt oder ertränkt. In der Wahl der Todesart war man damals nicht gerade zimperlich, und ein Menschenleben - was war es schon wert?
Und wieder finden wir die Thüngen auf der Verliererseite. Runde fünf Jahre verbleibt der Kilianstein bei den Hutten . 1400 gelangt dann das Ritterschloß in den Besitz des Grafen Thomas von Rieneck, allerdings nur für kurze Zeit. Über Thomas von Rieneck kommt schon 1401 der Sodenberg wieder an das Hochstift Würzburg, das sich mit Fulda auf Abbruch des Sodenberges einigt. Der neue Bischof auf dem Würzburger Stuhl Johannes von Egloffstein (1400-1411) arrangiert sich mit dem Rienecker am „Donnerstag nach Urbani“ 1401 (am 26. Mai), verschreibt ihm lumpige 180 Gulden und sichert sich damit einen Besitzanteil am Schloß Kilianstein. Da wird auch der fuldische Abt Johann von Merlau hellhörig und macht seinerseits die immer noch gültigen Besitzansprüche geltend: schließlich liegt ja die Burg in seinem Herrschaftsbereich! Beide Fürsten kommen am 14. Juli 1401 überein, „dieses Schloß, durch welches seither beiden Stiften Würzburg und Fulda so mancher Nachteil erwachsen, auf eigene Kosten vom Boden aus abbrechen und bis zum nächsten Jakobstage gänzlich zerstören zu lassen. Niemand dürfe sich fürder unterstehen, ohne ihre oder ihrer Nachfolger Bewilligung diese Burg wiederaufzubauen“
Einigung auf Abbruch des Schlosses - man schrieb das Jahr 1401 - sollte das Schicksal des stolzen Kilianstein schon ein Jahr nach der Jahrhundertwende für immer besiegelt sein?

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