Hammelburger Geschichte(n)

Entstehung der Sodenburg

„Der Sodenberg, auch Kilianstein genannt, wird zum erstenmal 1393 erwähnt.“ Diese Behauptung ist schlechthin falsch und sollte künftig nicht mehr übernommen werden. Die Fehlerquelle liegt schon beim geschätzten Magister Lorenz Fries, sie wird übernommen von Denzinger in seinem Aufsatz über die Geschichte des Sodenbergs, und selbst der Kenner und Schreiber der Familiengeschichte derer von Thüngen, Rudolf Freiherr von Thüngen, hält noch an der Jahreszahl 1393 fest. Ein Irrtum! Die angegebene Jahreszahl bezieht sich auf einen Vertragsabschluß zwischen den Thüngen als Besitzer der Burg und dem Würzburger Bischof Gerhard, der den Kilianstein für 2 000 Gulden in seinen Besitz zu bringen versuchte. Bereits zwei Jahre früher (1391) kam es schon zu einer Fehde wegen der Burg, da sowohl Würzburg als auch Fulda ihre Ansprüche auf den Scottin- oder Schodtenberg geltend machten.
Eine noch wesentlich frühere Entstehung der Sodenburg läßt sich ohne größere Schwierigkeiten stichhaltig belegen: Vorweg das Ergebnis: „Der Sodenberg als zweiter nördlich vom Reußenberg am Rande des fuldischen Herrschaftsgebietes gelegener Stützpunkt thüngischer Herrschaft dürfte als Burganlage zu gleicher Zeit wie die Burg Reußenberg entstanden sein - um 1335!“
Von Anfang an kann das altadelige Geschlecht der Herren von Thüngen als Erstbesitzer des Sodenberges benannt werden . Die Thüngen gelten seit Urzeiten als Allodialbesitzer (Erläut. im Anhang) des Sodenberges mit einem ziemlich arrondierten Gebiet. Bereits 1306 ist ein Dietrich von Sodenberg genannt, der den Zehnten zu Fuchsstadt erhielt. Die Thüngen hatten schon nach 1300 ausgedehnte Besitzun¬gen im Tal der Wern, der Saale, der Schondra und im Sinngrund. 1334 wird dem Ritter Albert II., auch Albrecht genannt, und seinen männlichen Nachkommen mit Genehmigung seiner Brüder Endres und Lutz das alleinige Nutzungsrecht an dem der Familie verpfändeten Schloß Thüngen zugewiesen. Für Albert ist zu dieser Zeit bereits fester Besitz nachzuweisen am Reußenberg, am Sodenberg, im Saaletal mit „Dörfflins“, womit fraglos Morlesau gemeint ist, dann in Bonnland, Heckmühl, Völkersleier, Windheim und an mehreren anderen Orten. Als Geburtsjahr des Albert von Thüngen darf 1303 angenommen werden; gestorben ist er vor dem 19. Januar 1360.
1335 erhält Ritter Andreas von Thüngen vom fuldischen Abt Hein¬rich VI. von Hohenberg (1315— 1353) das Dorf Mersau mit allen Rechten als Lehen für sich und seine Erben . Wir gehen ziemlich sicher in der Annahme, wenn wir besagten Endres von Thüngen bereits 1335 auf dem Sodenberg ansiedeln. Die erste gesicherte Erwähnung der Sodenburg datiert genau 20 Jahre später aus dem Jahre 1355 . Damit dürfte der Nachweis erbracht sein, daß der Sodenberg als Stützpunkt thüngischer Herrschaft etwa zur gleichen Zeit wie die Reußenburg entstanden sein muß - um 1335 am Rande des fuldischen Herrschaftsraumes.
Beim nahen Reußenberg liegen die geschichtlichen Fakten klar; In einem Vergleich zwischen dem Würzburger Bischof Hermann von Lobdeburg (1225—1254) und Graf Poppo von Henneburg war der Berggipfel bei Höllrich 1240 unter beiden Parteien aufgeteilt und durch das Verbot des Burgenbaues gleichsam neutralisiert worden . Als markanter Grenzpunkt fuldischer Herrschaft wird der „Eichinaberg“ schon 777 in der Hammelburger Markumschreibung aufgeführt . Aus Eichinaberg wurde später Eichelberg und schließlich Reusensberg, Reußenberg.
1331 gestattete Bischof Wolfram von Würzburg (1322-1333) „mit Wissen und Willen“ den thüngischen Brüdern und Stammvätern Andreas, Lutz und Albrecht den Bau der Reußenburg „beim Dorfe Hilderich auf dem Eichelberge gelegen“ . Die bischöfliche Erlaubnis war allerdings mit einem doppelten Junktim verknüpft: ewige Öffnung der Burg und Vor- bzw. Rückkaufsrecht durch das Stift. Vermutlich hat der systematische Ausbau des fuldischen Hammelburg den Würzburger Bischhof veranlaßt, zur Gegenwehr der befestigten fuldischen Stadt hier ein Bollwerk des Würzburger Hochstifts zu errichten. Aus strategischen Gründen haben die Henneberger gegenüber beiden geistlichen Stiften keinen Einwand erhoben. Letztlich profitierten sie nur von der Rivalität der beiden Großmächte.
Die Erlaubnis zum Bau der Reußenburg wurde bereits 1333 vertragsmäßig geregelt. Am 17. Mai stellten die obengenannten Thüngen- Brüder dem Würzburger Bischof einen Revers aus , in dem sie ihm „immerwährende Öffnung“ der Burg gelobten: Aber auch den Hennebergern sicherten sie ausdrücklich einen Öffnungsvorbehalt zu. Zur Information der Vertrag für die Grenzburg im Originaltext:
„In Gottes Namen, Amen. Wir, Andreas, Albrecht und Lutz von Thüngen, Gebrüder, und Dietz, des Andres Sohn, bekennen vor allen Gegenwärtigen, und Nachkommen, welche diesen Brief sehen oder lesen hören, daß uns der Ehrwürdige in Gott Vater, Herr Wolfram, Bischof des Stiftes zu Würzburg, gnädig vergönnt und gestattet hat, auf dem Berge Aichelberg bei dem Dorfe Hilderich im Herzogthume zu Franken eine Burg zu erbauen und solche Reusselburg zu nennen. Dafür haben wir ihm als unserem Landesherrn mit handgebenden Treuen verheißen, und gelobt auch deßhalb einen leiblichen Eid zu den Heiligen geschworen, und geloben in Kraft dieses Briefes für uns, unsere Erben und Nachkommen und bei Vermeidung des Verlustes aller unserer vom Stifte Würzburg verliehenen Lehen, daß wir und unsere Nachkommen auf erwähnter Burg unserm Herrn Bischöfe und seinem Stifte zu ewigen Zeiten treu und gewahr seyn, und ihm diese Burg bei aller vorkommenden Nothdurft öffnen wollen wider alle seine Feinde, so oft er oder seine Nachfolger im Stifte uns oder unsere Nachkommen darum ansprechen werden, ausgenommen wider den achtbarlichen Herrn Grafen Berthold von Henneberg und dessen Erben.
So lange das Stift Krieg führt, wollen wir, wenn der jeweilige Bischof oder das Domkapitel uns hierzu auffordert, das Schloß einem dem Stifte getreuen Lehensmanne als Befehlshaber überlassen, und nach Beendigung der Fehde dasselbe von ihm wieder zurücknehmen, worüber uns der Befehlshaber immer eine genügende Versicherung zu leisten hat. Sollte aber der jeweilige Bischof oder das Stift mit dem erwähnten Grafen Berthold und dessen Nachkommen in eine Fehde geraten, so soll unser Schloß weder dem Stifte Würzburg noch dem Grafen von Henneberg als Festung oder Zufluchtsort offen stehen. Sollten in der Folge wir oder unsere Nachkommen durch Verschuldung gezwungen seyn, unser Schloß zu verkaufen oder zu verpfänden, so soll dies nur an getreue Lehensmänner des Stiftes geschehen, welche auf gleiche Weise, wie wir gelobt und geschworen haben, das Schloß zu gewarten, wie von uns geschehen ist. Dagegen hat unser Herr Bischof versprochen, für sich und seine Nachkommen des Stiftes, uns und unsere Erben in dem Besitz des erwähnten Schlosses getreulich zu handhaben, zu schützen und zu schirmen. Zu wahrer Urkunde aller dieser Punkte haben wir dem Herrn Bischof Wolfram diesen mit unserem Insiegel bekräftigten Brief ausgestellt, der gegeben ist am 17. Tage des Mai 1333.“
Kurz darauf schlossen die vier Erbauer der Reußenburg einen Burgfrieden . Seinem Inhalt nach war das Abkommen ein Ganerbenvertrag, wie er uns später am Sodenberg begegnen wird. Die vier Ganerbenanteile fallen jeweils den ältesten Söhnen zu nach Entschädigung der anderen Geschwister. Der Vertrag, schon bald nach dem Öffnungsversprechen, zeigt deutlich die Selbstverständlichkeit der Ritter gegenüber Würzburg: Ohne Zustimmung aller Ganerben war hier jede außenstehende Macht buchstäblich machtlos . Freilich liegt hier auch der Zündstoff für viele späteren Fehden.

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