5. Der erste Verwundete, der am Tage des Treffens in das Seelenhaus aufgenommen wurde, war gleichfalls ein Uhlane. An der Ferse verwundet, kam er auf seinem gleichfalls verwundeten Pferde, den von der Kugel zerrissenen Stiefel noch am Fuße, vor dem Seelenhause angeritten. Das Treffen hatte kaum begonnen, gar mancher Bewohner der Stadt die bereits gefallenen Schüsse überhört. Seine Erscheinnng - der beginnende erste Akt des so blutigen Drama's - erregte darum allgemeine Theilnahme, viele Neugierige folgten ihm bis zum Seelenhause. Doch die Menge zerstreute sich alsbald wieder, es wurde Kirchhofsstille, nur unterbrochen durch das Gestöhne der zahlreicher herbeigeschafften Verwundeten, das Dröhnen der Geschütze und das Sturmgeläute vom Thurme der Pfarrkirche. Den Verwundeten verband eine barmherzige Schwester. Bei dem Brande des Seelenhauses machte er sich davon, ohne wieder zurückzukehren. Sein Name ist nicht bekannt geworden. Später haben wir vernommnen, ein verwundeter Uhlane habe sich nach Fuchsstadt geschleppt, dort einen Wagen requirirt und auf der Höhe von Gauaschach wieder seine Eskadron erreicht. Es ist wohl der betreffende Soldat gewesen und zählt er vielleicht zu den nachgenannten Uhlanen, die mit noch sieben Soldaten des 14., mit vierzehn des 6. Infanterie-Regimentes, einem vom 1. Jäger-Bataillon und dem zuerst aufgeführten Artilleristen zunächst in das Distriktsspital zu Arnstein aufgenommen wurden:
5. Joseph Höger,
6, Matthäus Hilpel,
7. Johann Wölfle,
8. Martin Schmitt,
9. Georg Huber. - Die sämmtlichen waren nach Bericht meist an Armen, Händen und Füßen verwundet. Ihre Pflege besorgten allda zwei Schwestern vom göttlichen Erlöser mit Beihilfe vier Arnsteiner Jungfrauen. Bezirksarzt Dr. Nickels behandelte diese Verwundeten sehr aufmerksam; auch der praktische Arzt Dr. Kleinhenz erwies etwa am vierten Tage nach der Aufnahme den Verwundeten rege Theilnahme nnd Hilfe. In Arnstein verblieben dieselben bis zum 21. Juli, wo die noch Ungeheilten auf Befehl des k. Oberlandes-Commissärs und Regierungsrathes Heinrich Christian v. Buchner in die Lazarethe nach Würzburg verbracht wurden. Wie vom Anfange an die Bewohner Arnsteins reichliche Geschenke an Cigarren, Bier ec. denselben zukommen ließen, wurden sie noch zum Abschiede mit Geld beschenkt, welches Dechant-Pfarrer Martin Peter Rügmer für sie gesammelt hatte.
Vom ersten Jäger-Bataillon:
10. Johann Zeiß, Sergeant, Alter 29 Jahre 2 Monate, Dienstzeit 10 Jahre 7 Monate, geboren zu Unterschleichach, kgl. Bezirksamts Haßfurt, in Unterfranken, Granatschuß im linken Fuß, der ihm noch am Tage des Treffens in der Keßmühle bei Untererthal durch einen preußischen Militärarzt amputirt wurde. Den 21. August 1866 verließ er das Seelenhaus und Hammelburg, um sich ins Spital nach Forchheim in Oberfranken verbringen zu lassen.
11. Andreas Eberlein, Soldat, Alter 22 Jahre 3 Monate, Dienstzeit 4 Monate, geboren zu Freienfels bei Hollfeld in Oberfranken, Granatsplitterwunde am linken Fuß, seines Gewerbes ein Schuhmacher, am 14. Septbr. 1866 geheilt in seine Heimath entlassen. Andreas Eberlein, ein heiterer aber anständiger Mensch, bewohnte im Seelenhause mit noch 5 Verwundeten, theils Bayern, theils Preußen, ein gemeinschaftliches Zimmer. Wegen Mangel an Bettstätten war er anfänglich auf eine Strohmatratze auf dem Boden Gebettet, in gleicher Weise sein unmittelbarer Nachbar, ein Preuße, ein junger Adeliger. Unter allen diesen Zimmergenossen bemerkten wir stets nur den brüderlichsten Verkehr, wie Glieder einer Familie benannten sie sich: „Felix, Johann, Carl, Peter, Wilhelm, Andreas.“ Carl suchte einem schlechten musikalischen Instrumente und seiner rauhen Stimme öfters Töne zu entlocken, sie sangen, so gut es ging, nicht mehr gereizter Stimmung im Gegeneinander: „Die Büchsen müssen knallen, die Preußen müssen fallen!“ nicht mehr: „Ich bin ein Preuße, kennt Ihr meine Farbe?“ oder jenes Lied, dessen Refrain stets lautete: „Der kleine Bayer;“ sie sangen gemeinsam Friedenslieder, noch vor Abschluß des „ewigen Friedens“, der den 22. August 1866 Nachts um 12 Uhr zwischen Preußen und Bayern zu Berlin unterzeichnet wurde; sie pflegten aber auch, wie sich ziemt, zur rechten Zeit der Andacht, und zeigten in bereitwilliger gegenseitiger Hilfeleistung, daß sie das Herz auf dem rechten Flecke hatten. - Die Stunde der Trennung ist endlich Manchem derselben recht schwer geworden.