Das fünfzigiährige Jubiläum der Vereinigung der Stadt Hammelburg mit der Krone Bayern
Pfingstmontag den 21. Mai 1866 feierte die hiesige Stadt das Fest ihrer fünfzigjährigen Vereinigung mit der Krone Bayern. - Es hatte zunächst in der Stadtpfarrkirche die kirchliche Feier statt, bei welcher der Verfasser Dieses eine Anrede hielt über die Bedeutung des Festes mit Rücksicht auf den eben drohenden deutschen Bruderkrieg. - Wir lassen die Rede folgen:
„In nördlicher Richtung unserer Stadt begrüßt uns ein Berg, der einen historischen Namen trägt, der sogen. Sturmiusberg. Wer ist der Geschichte kundig und denkt nicht sofort an den heiligen Sturmius, Schüler des heiligen Bonifazius, ersten Abt des Benediktiner-Klosters in Fulda? Wer denkt nicht an ein geschichtliches, für unsere Gegend hochwichtiges Ereigniß? „Karl von Gottes Gnaden. König der Franken und Longobarden und Patricier der Römer“, der wohl unsere Gegend aus eigener Anschauung kannte, übergab durch eine lateinische Urkunde vom 7. Januar 777 Hammelburg und seine Umgebung – „res proprietatis nostrae unserem Fiskus und unserer Oberherrlichkeit zuständig“ - dem ehrwürdigen Sturmins, Abt von Fulda, auf daß derselbe und seine Nachfolger zum Besten dieses Ortes nach weisem Gutdünken verfahren. Hammelburg bewohnten damals schon mehrere freie Familien, Sklaven und Dienstleute. - Sturmius ward feierlich in diesen seinen neuen Besitz eingeführt, und um Irrungen über den Umfang dieser Schenkung vorzubeugen, ließ Karl der Große wieder eine Urkunde vom 8. Oktober 777 an Abt Sturmius ausfertigen, welche die Markungsgrenze dieser Schenkung genau bezeichnet. Diese Urkunde ist die erste unter allen fränkischen Diplomen, welche in deutscher Sprache abgefaßt ist.
Das Christenthum zu begründen oder zu befestigen, war nun die erste und angelegentlichste Sorge des Abtes Sturmius. In der Gegend des jetzigen Klosters Altstadt baute er zunächst eine Kapelle zur Verehrung des einzig wahren Gottes und wie überall, so auch hier, mit dem Cultus, mit der Gottesverehrung zog auch die Cultur in unsere Gegend ein. Zur Darbringung des neutestamentlichen Opfers unter den Gestalten des Brodes und Weines bedarf es auch der Produkte des Feldbaues und der Pflege der Reben. „Has vineas plantavit Sturmius Abbas“ Sturmius baute auf dem später nach seinem Namen benannten Berge die ersten, in der Gegend bisher noch unbekannten Reben. Er betete und arbeitete zum Besten dieser Gegend. Noch heute heißt eine Abtheilung des Sturmiusberges „der Betberg“, da weilte er wohl am liebsten im Gebete. Der heilige Sturmius verschied zu Fulda den 17. Dezember 779. Nicht volle drei Jahre also war er als Abt von Fulda auch zugleich weltlicher Herrscher des Gebietes von Hammelburg, und gleich ihm waren es auch seine Nachfolger, nach Anordnung Karls des Großen. „Ense et stola“ sie trugen das Schwert und die Stola und unter ihrer Oberherrlichkeit währte der Bestand des geistlichen Fürstenthums Fulda trotz mancher Stürme, die unvermeidlich sind unter der Sonne, über 1000 Jahre. Die Abtei Fulda erhielt im Laufe der Zeit manche Vorrechte und wurde 1752 zu einem Hochstift oder reichsunmittelbaren Bisthum erhoben. Den 6. Februar 1752, am Tage des hl. Martyrers Amandus wurde in der Hauptkirche zu Fulda der bisherige Fürstabt Amand von Bußeck durch Georg Daniel von Gebsattel, Weihbischof der Cathedralkirche von Würzburg, der als bevollmächtigter Stellvertreter des Papstes Benedikt XIV. fungirte, auch als wirklicher bischöflicher Oberhirt des Fürstenthums Fulda feierlichst proclamirt. Von da ab waren die Fürstäbte auch Fürstbischöfe von Fulda. Fürstabt, Bischof Adalbert Ill. von Harstall, aus dessen Nachlaß auch die hiesige Pfarrkirche mit einem Kapitale beschenkt wurde, war in diesem Jahrhundert der letzte Fürstabt zu Fulda. Das Fürstenthum hatte in der letzten Zeit seines Bestandes einen Flächeninhalt von 37 Quadratmeilen und 70.000 Einwohner. Hammelburg war die ll. Stadt des Fürstenthums und die zeitweilige Residenz des Fürstabtes.