Hammelburger Geschichte(n)

Seelsorge

Die Seelsorge für verwundete Soldaten, ja für Krieger im Allgemeinen ist das erste und dringendste Bedürfniß. Unsere persönliche Erfahrung hat uns überzeugt, daß arme Verwundete, die vom Gefechtsplatze hinweggetragen werden, noch auf der Tragbahre dem entgegenkonnnenden Priester ihre Hand sehnsüchtig entgegenstrecken, mehr aber, daß sie in den Lazarethen zu allererst nach dem Troste der heiligen Religion verlangen. Allaugenblicklich in ihrem körperlichen Dasein gefährdet, in aller Lebensfrische und doch dem Tode oft so nahe, wollen die Armen am allerwenigsten das Heil ihrer Seele gefährdet sein lassen. Selbst dem Gesunden ist es ein Bedürfniß, zum muthigen Angriffe sich durch den Empfang der heiligen Sakramente zu rüsten und zu stärken. Sowohl Bayern als Preußen haben bereits bei den Durchzügen durch Hammelburg die Gelegenheit benutzt, ihre religiöse Pflicht zu erfüllen. Am Gefechtstage war der Feld-Geistliche der sechsten Brigade, Militär-Curatus Limbacher von Ingolstadt hier anwesend. Mit unermüdlichem Eifer war derselbe auf dem Schlachtfelde und im Seelenhause thätig, und begab sich endlich selbst nach Untererthal, um den dortigen Verwundeten seelsorgerlichen Beistand zu bringen. Am Abende wieder hier augekommen, entfernte er sich des anderen Morgens in der Richtung gegen Schweinfurt, um seine Brigade aufzusuchen.

Die regelmäßige Seelsorge übte vom folgenden Tage über alle Verwundete der Ortspfarrer - die Kaplanei war zur kritischen Zeit vier Monate lang unbesetzt; soweit sein anderweitiger Beruf es zuließ, half eifrig mit der Hauspriester des Bürgerspitals, Studienlehrer Faßnacht; auch die Patres des 1/4 Stunde von hier entfernten Franziskanerklosters Altstadt, Guardian Maximus, Vicar Anaclet, Aquilin und Lukas haben häufig in freundlichen Besuchen den Kranken religiösen Trost zugesprochen. Pfarrer Wucherer von Waizenbach eilte bereitwillig herbei, für die protestantischen Kranken Seelsorge zu üben.

Wie auf dem Schlachtfelde und unmittelbar nach dem Gefechte haben auch in den Lazarethen die Soldaten gerne Worte religiöser Ermunterung aus dem Munde der Seelsorger entgegengenommen und wurde uns kein einziger Fall bekannt, daß ein verwundeter oder sterbender Soldat sich irreligiös gezeigt hätte.

Den preußischen Soldaten wurde während ihres Verweilens im hiesigen Lazareth-Orte auch religiöse Obsorge aus ihrer Heimath gewidmet. So erschien unter Andern der preußische Lazarethgeistliche Professor Funke aus Münster in Begleitung eines Maltheserritters aus Westphalen, Umschau zu halten, wie die religiösen Bedürfnisse der preußischen Soldaten befriedigt würden. Unter dem 12. August dankte der genannte Lazarethgeistliche aus dem Lazarethorte Dermbach wiederholt im Namen seines Bischofs für alle seinen Landsleuten gespendete Seelsorge. Ebenso war ein Herr von Bodelschwing, protestantischer Geistlicher aus Preußen, einige Male dahier, um für die religiöse Pflege seiner Confessionsverwandten eventuell besorgt zu sein.

Nach unserer Erfahrung ist keine Seelsorge dankbarer, als die der Soldaten in Kriegszeiten, und keine nothwendiger für Gesunde wie Kranke! Wo das Menschenleben oft wie so ganz werthlos erachtet wird und wie von vornherein als Todesopfer bestimmt ist, bedarf es der religiösen Ermunterung und des höheren Trostes, wenn nicht Unzufriedenheit und wilde Verzweiflung den Soldaten ergreifen soll. „Warum sollen gerade wir uns todtschießen lassen?“ hörten wir einmal einen Soldaten rufen. „Meine Brüder sind alle glücklich, ich der Unglückliche muß in den Krieg ziehen!" Man stelle eine hinlängliche Anzahl tüchtiger Militärgeistlicher an, denn leicht können ganz katholische Heeresabtheilungen auch in nicht katholischen Gegenden sich schlagen müssen, wo alle Hilfe durch den Seelsorgeklerus unmöglich, umgekehrt könnten protestantische Soldaten der Seelsorge ermangeln. Man gewähre aber auch dem Feldmilitär-Klerus die ausreichende Unterstützung, alle zum Dienste nöthigen Requisiten*), man beschränke nicht seinen seelsorgerlichen Eifer, lasse ihn gewähren nach Gewissens- und Seelsorger-Pflicht; man gebe ihm auch eine äußere Stellung, die seines heiligen Amtes würdig, und sein seelsorgerliches Ansehen zu erhöhen im Stande ist.

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