Aerztliche Behandlung
Nach Artikel 6 des Genfer Vertrages sollen die verwundeten und kranken Krieger, gleichviel, welchem Volke sie angehören, aufgehoben und verpflegt werden. Demzufolge haben preußische Militär-Aerzte auf dem Schlachtfelde bereits wie den preußischen, auch den bayerischen Verwundeten alle ärztliche Hilfe geboten, Amputationen vorgenommen u. s. f. Einzelne bayerische Verwundete wurden mit den preußischen in die Keßmühle und in die beiden Wirthshäuser nach Untererthal verbracht; etwa 30 verwundete Preußen, worunter 1 verwundeter Bayer, Wolfgang Donhauser vom 6. Regiment, füllten den Verbandplatz unter der ersten Durchlaßbrücke auf der Straße nach Untererthal an der sog. Schnaid und genossen da die erste ärztliche Behandlung. Im Seelenhause bei den bayerischen Verwundeten vor der Evakuirung desselben wegen des Brandes in der nächsten Nähe, war es zunächst der kgl. bayer. Bataillonsarzt Dr. Weitz, der helfend zugegen gewesen; nach dem Einzuge der Preußen waren es daselbst preußische Militärärzte und der kgl. Bezirksarzt Dr. Kamm von hier, die bei den Verwundeten der beiderseitigen Truppentheile ihres Berufes warteten. Rührend war uns die Sorgfalt, mit der ein preußischer Militärarzt am Abende des 10. Juli bei seinem Abschiede aus dem Seelenhause die Verwundeten der Aufmerksamkeit der Schwestern empfahl.
Der am Tage des Gefecht zufällig hier anwesende Kreis-Medicinalrath Schmitt von Würzburg, sowie der prakt, Arzt Dr. Meier fanden sich ebenfalls ein, wo Hilfe nöthig erschien. Bezirks-Arzt Dr. Kamm blieb dirigirender Lazareth-Arzt und schlossen sich ihm noch in den nächsten Tagen zur Behandlung der Kranken an die praktischen Aerzte Dr. Schmitt von Waizenbach und Dr. Mais von Würzburg, vordem Assistenzarzt bei Hofrat Linhard im Juliusspitale zu Würzburg, den die kgl. Regierung als Operateur sandte; die Letztgenannten haben ungefähr 14 Tage lang mit aller Hingebung Dienste geleistet.
Auch erschien etwa 4--5 Tage nach dem Gefechte Dr. Adolph Mayer (aus der Familie Mayer-Schlessinger dahier, welche Familie wie immer, so auch insbesondere während der Kriegszeit sich durch Wohlthätigkeit auszeichnete). Derselbe hatte seine Studien an den Universitäten Würzburg und Tübingen vollendet, und verweilte volle zehn Monate in seiner Vaterstadt zur freiwilligen Behandlung der Verwundeten im Anschlusse an den dirigirenden Lazareth-Arzt Dr. Kamm mit größter Ausdauer, bis endlich die drei Lazarethe dahier vollständig evakuirt waren. In den ersten 3 -4 Wochen erschien derselbe manche Nacht fast in jeder Stunde an den Betten der Verwundeten.
Die Arbeit war für die genannten Aerzte eine recht anstrengende, denn die ärztlich zu behandelnden Fälle waren vielfach schwere und schwerste Verletzungen. Zudem blieben keine Militär-Aerzte zurück, deren anfänglich mindestens vier bis fünf nöthig gewesen wären. Es gelang dem vereinigten ärztlichen Wirken, durch Einführung des feuchtwarmen Verbandes gute Heilerfolge zu erzielen und war es bei steter Beobachtung möglich, das Prinzip der conservativen Chirurgie bis auf das Aeußerste zu wahren.
Vorübergehend fanden sich auch die Aerzte und Professoren Ranke, Lotzbeck, Linhard, Seitz, Kollmann, v. Bürow, Hedinger, Sellmayer ec., um Inspicienz zu üben, hier ein.
Die Heilungsprozesse in allen hiesigen Lazarethen nahmen bei der vortrefflichen ärztlichen Behandlung einen sehr günstigen Verlauf; auch nicht ein Soldat verstarb am Eiterfieber, eben so wenig kam ein Typhus- oder Cholera-Fall vor.
Dem königl. Bezirksarzte und dirigirenden Lazareth-Arzte Dr.Kamm wurde für die erfolgreiche ärztliche Behandlung die Allerhöchste Anerkennung zu Theil durch Verleihung des St. Michaels-Ordens I. Klasse.
*) Was ist in dem-Berufe des Feldgeistlichen nöthiger als Kranken-Oel? Und selbst dieses mußte Mancher erst am Gefechtsorte sich zu verschaffen suchen.