Hammelburger Geschichte(n)

Die beiden anderen Generäle, Fürst Thurn und Taxis und Jenisch, waren unterdeß zum Niederthore hinausgeritten und hielten Umschau. „Man muß dem Feinde Etwas ins Gesicht stellen,“ soll Ersterer, wie Ohrenzeugen gehört haben wollen, dem Hauptmann zugerufen haben, der mit seiner Compagnie in den Gärten links vom s. g. Kohlbrunnen stand. Er meinte wohl damit, diese Compagnie solle auf die offene Straße vorrücken. Zum Glücke für die braven Vierzehner ward diese Ansicht nicht berücksichtigt, denn es fuhr gerade eine preußische Granate durch das unmittelbar an der Straße gelegene Gartenhäuschen des Gerbers Carl Happ, und die beiden Generäle ritten durch Hammelburg vom Gefechtsschauplatze zurück. Die 8 preuß. Kanonen auf dem Seeberge richteten nun ihr Feuer auf die gerade gegenüber stehenden 3 bayerischen unter dem Kloster Altstadt. Dadurch wurden diese allzusehr beschäftigt und theilweise vom Feuer auf die preuß. Infanterie abgezogen, so daß der Vormarsch auf dieser Seite bald genügend vorbereitet erschien.

Auch auf ihrer linken Flanke hatten die Preußen Artillerie aufgefahren, 4 Kanonen wurden am Südabhange des Buchberges aufgepflanzt, denen später eine Kanone vom Seeberge her zu Hilfe kam, die in der Nähe des großen Steinkreuzes auf dem s. g. Galgenberge auffuhr. Dieselben operirten zunächst gegen den Heroldsberg, richteten jedoch gegen die Soldaten im bewußten Hohlwege wenig aus, vertrieben aber hiedurch jene Compagnieen, die den Kamm jenes Berges besetzt hatten und den Preußen sehr lästig geworden waren. Sodann richteten diese Feuerschlünde ihre Geschosse gegen die Gärten am Niederthore und den nördlichen Stadttheil. So hielten sie auch auf dieser Seite ihren Gegner im Schach, um den Vormarsch ihrer Infanterie gegen Hammelburg selbst zu erleichtern. - Nichts desto weniger war es 1 1/2 Uhr geworden, bis die ersten Abtheilungen -preußischer Infanterie in dessen unmittelbare Nähe vorzudringen wagten. Die 2 Compagnieen Jäger am Siechenhaus geriethen hiedurch in die Gefahr, von Hammelburg selbst abgeschnitten zu werden. Ein geborner Hammelburger unter denselben zeigte ihnen den fast verdeckten Weg, der an der Saalmühle vorüber außerhalb der Ringmauern bis zur Saalbrücke am Weyhersthore sich hinzieht, und sie den verfolgenden Preußen entzog. Von den beiden Compagnieen des 14. Regiments, die dort in den Gärten gestanden, zuletzt im eingeschlossenen Gartenfeld unmittelbar am Niederthore, rechts am Ausgange desselben, und an der Stadtmauer, zog sich bei Annäherung der Preußen die eine und noch ein Theil der anderen an den nächsten Zimmerplatz und an das s. g, Heiligenhäuschen am Fuße des Heroldsberges hin. Hier gab es noch einzelne schwer Verwundete. Eine Hand voll Leute hielt am Niederthore selbst aus, indem sie hinter dessen steinernen Pfeiler und die Stadtmauer sich postirte und eine Zeit lang das heftige Feuer des in unmittelbare Nähe vorgedrungenen Feindes durch Einzelschüsse zu erwidern suchte. Endlich ward ihr Korporal von feindlicher Kugel getroffen, worauf sie ihre Vertheidigung aufgebend sich zurückzogen.

Durch den gelungenen Vormarsch an's Niederthor verlor die Stellung am Heroldsberge immer mehr ihre Bedeutung. Durch Hinwegnahme Hammelburgs wäre sie umgangen und der Rückzug bedroht worden; darum mußte dieser nunmehr angetreten werden. Einige Abtheilungen gingen durchs Weyhersthor über die Saalbrücke. Obwohl es immer seine Schwierigkeit hat, vor einem überlegenen nahen Feind über Brücken zu retiriren, gelang es doch ohne weitere Gefährdung. Die Preußen hatten sich namlich nicht getraut, so rasch als möglich in Hammelburg einzuziehen, sondern zogen es vor, erst vorsichtig den verlassenen Heroldsberg mit Artillerie zu armiren und die Stadt mit einem Hagel von Granaten zu überschütten.

Diese Beschießung war wohl nur eine Fühlung. Auf dem Gefechtsplatze hatten sie nur ein paar Bataillone bayer. Infanterie in Sicht bekommen, sie hielten darum dafür, die Bayern seien um so massenhafter in der Stadt versammelt, um einen Straßenkampf aufzunehmen. 3 Barrikaden, die in der Hohen- und Judengasse (beide jetzt Dalbergstr.) errichtet waren, sowie einzelne Abtheilungen Infanterie in der Stadt konnten auch durch die Preußen von den Bergen aus wahrgenommen werden. Der Umstand, daß so zahlreiche Cavallerie hier versammelt war, die Infanterie so ernsten Widerstand leistete und der Kampf diesseits der Saale von den Bayern aufgenommen wurde, mußte die Preußen leicht in der Meinung bestärken, Hammelburg wolle für einen beabsichtigten Offensivstoß irgendwelcher in der Nähe heranrückender größerer Truppenkorps als vortrefflicher Uebergangspunkt über die Saale um jeden Preis festgehalten werden. Diese Erwägungen verschafften den Bayern einen ziemlich unbelastigten Rückzug über die Saale; die Infanterie ging über Gauaschach nach Arnstein, die Cavallerie, wie erwähnt, über Obereschenbach. Etwa ½ 3 Uhr verließen die letzten Bayern Hammelburg, nach ½ 4 Uhr zogen die ersten Preußen ein. Eine allgemeine Kanonade der preuß. und der sich nunmehr zurückziehenden bayer. Geschütze beendete das Gefecht um 4 Uhr. Auch 2 bayer. Kanonen jenseits der Saale, am Steinthal und Liebenberg, haben sich an derselben betheiligt. Die Artilerie hatte bei diesem Rückzuge noch einige Verluste, einen Todten und einige Verwundete zu beklagen. Während des Gefechts hatten auch einige Kanonen ein Detachement bayer. Infanterie die Saalübergänge in der Nähe von Fuchsstadt bewacht. Ebenso waren auch mehrere Abtheilungen Chevauxlegers und Uhlanen im Saalthal aufgestellt, um die Umgebung gegen Euerdorf und Kissingen aufrecht zu erhalten. Auf der Straße nach Würzburg stand während des Kampfes eine Batterie glatter Geschütze; sie wirkte nicht mit, „weil sie nicht weit genug schießen konnten“, wie Andere behaupten, „weil ihre Munition in Gemünden gestanden habe.“ Die sich zurückziehenden Bayern trugen von der hölzernen Brücke über die Saale auf dem Wege nach Fuchsstadt (am s. g. Kruppsteg) mehrere Bohlen hinter sich ab. Die nachrückenden Preußen stellten denselben sofort wieder her. Dieselben suchten durch nachgeschickte Piketts in Fühlung zu bleiben, wobei sie auch die Kapelle Steinthal erbrachen, um nach versteckten Bayern in derselben zu suchen. Noch am Abende schickten sie Detachements auf die benachbarten Höhen. - Der Kaltblütigkeit und Sicherheit der bayerischen Soldaten in Bewegung und im Schießen hat selbst der Feind allgemeine Anerkennung gezollt, auch den Rekruten merkte man nicht an, daß „sie noch nicht lange dabei gewesen.“ - Die Kämpfenden haben, nachdem der Kampf einmal aufgenommen war, das Möglichste geleistet. 2 1/2 bayer. Bataillone und 1 gezogene Batterie haben der feindlichen Division über 4 Stunden den Einzug nach Hammelburg mit Erfolg streitig gemacht.

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