Hammelburger Geschichte(n)

Das Centrum der Preußen auf der Chaussee war derweil im Avanciren nicht stille gestanden und kam bald nach 11 Uhr nur wenig belästigt durch die Schüsse der sich zurückziehenden Jäger auf den Höhepunkt der Straße gegen Hammelburg. Da wurden sie nun von einem Widerstande überrascht, den sie diesseits der Saale nicht mehr erwartet hatten.

Während dieser Vorgänge waren nämlich viele Mannschaften der 4. Bataillone, die bei und in Hammelburg Quartier genommen hatten, in der Stadt. Viele hielten eben offene Mahlzeit auf dem Marktplatze, die Bewohner waren aufgefordert worden, Speisen herbeizubringen, andere menagirten in den Häusern. Der Donner der Geschütze, die fliehenden Jäger und Uhlanen verkündeten ihnen die nahe Gefahr. Es schlug Generalmarsch und bald waren die Bataillone gesammelt. Das 1. Bataillon des 6. Regiments ward beordert, dem Feinde entgegenzugehen, während dessen 3. Bataillon als Reserve in den Straßen Hammelburgs zurückblieb und weiter nicht in das Gefecht eingriff, außer daß es die Schützencompagnie seinem 1. Bataillone zur Unterstützung sandte. Auch das 1. Bataillon des 14. Reginients rückte zur Unterstützung jenes Bataillons theilweise vor, während dessen 3. und 4. Compagnie an den Gärten vor dem Niederthore Posto faßten, und das 8. Bataillon weiter rückwärts in Reserve stand, so daß wahrscheinlich jene bayer. Truppen, die bei Fuchsstadt standen, von diesem Bataillon waren. – Es war kurz vor 11 Uhr, als das 1. Bataillon des 6. Regiments von Hammelburg ansmarschirte, eben wurde der schwer verwundete Oberlieutenant Tauscheck zum Niederthore hereingetragen. Sein Anblick konnte Manchen erschrecken. „Das bringen wir wieder ein“, rief ein Offizier, und mit gehobenem Muthe und einer Art von Begeisterung folgten die Soldaten dem Commando ihrer Offiziere. Sobald die Chaussee von den Gärten nicht mehr beengt war, wurde rechts und links in Plänklerketten ansgeschwärmt, die Anhöhe hinan. Oben kamen die Preußen entgegen. Auf das Peloton-Feuer der bayer. Tirailleurs gaben die Preußen ihre vollen Decharchen ab. Zum Glücke schossen dieselben zu hoch und erzielten keinen besonderen Erfolg. Um so größer war die Wirkung der Unterstützung, die den vorrückenden Bayern von ihrer linken Flanke her zu Theil wurde. Diese kam von jenseits der Saale, nämlich von 7 Kanonen, - worunter 4 zur Batterie Lottersberg gehörig - die neben der Straße nach Gemünden, unterhalb des Klosters Altstadt aufgestellt waren. Ihre Granaten schlugen in die vordersten Glieder der Preußen. Jetzt stutzten diese. „Sind die bayerischen Tirailleurs vielleicht blos die Vorboten überlegener Streitkräfte?“ Ihre Vorwärtsbewegung gerieth in's Stocken. Rasch ward diese Situation von den bayerischen Plänklern benützt. Bereits war deren Lage ziemlich prekär geworden. Ihre linke Flanke war auf der Chaussee den Preußen fast bis auf 30 Schritte nahe gekommen. Bei weiterem Avanciren hätte das preußische Massenfeuer, mochten diese noch so schlecht schießen, für ihre dünnen Reihen nahezu vernichtend werden müssen. Da ertönten ihre Signale, sich rechts zu ziehen. Das Terrain war gleichfalls günstig. Einerseits hob sich vor ihnen die Chaussee von ihrer Umgebung scharf ab und bildete einen hochgewölbten Straßendurchlaß, daher die Front ihres Gegners auf der Chaussee keine große Breite zeigte, andererseits gewannen sie nach einer Terrainwelle die Neigung des Bodens, welche die Senkung zwischen Buch- und Heroldsberg darbietet, so daß sie durch das Terrain ziemlich gedeckt wurden. Sie konnten dieser Vertiefung folgen bis zum Heroldsberg, nördlich von Hammelburg, allwo sie sich mit den Truppentheilen vereinigten, die zu ihrer Unterstützung herangekommen waren und mit ihnen eine überaus günstige Position besetzten. Diese war nebst dem Kamme des Berges ein Hohlweg, welcher die untere Höhe umgürtet und einerseits der in ihr aufgestellten Mannschaft die beste Deckung gewährte, den Rücken und Rückzug Fuchsstadt zu offen hielt und in der linken Flanke Hammelburg deckte, indem man durch Podewils die vorüberziehende Straße in ausgiebiger Weise bestreichen konnte. Die dort gesammelten Bayern zögerten denn auch nicht, auf die Preußen, so oft diese vordringen wollten, ein lebhaftes und wohlgezieltes Feuer zu unterhalten. Wie gut die Bayern schossen, geht daraus hervor, daß die gefallenen Preußen meist in Kopf oder durch die Brust getroffen waren. Das Gewehrfeuer der Preußen aus den gepriesenen Zündnadelgewehren war dagegen ziemlich wirkungslos.

Inzwischen hatten die Preußen auch ihre Artillerie ins Gefecht gebracht. Auf ihrem rechten Flügel fuhren 8 Kanonen auf den oben beschriebenen Seeberg, und es gelang denselben, den 3 bayerischen gegenüber ihre Auffahrt zu bewerkstelligen. Da sahen sie rechts zu ihren Füßen, vis á vis von Untereschenbach, theilweise im Wiesenthal die in der Sonne glänzenden schönen Regimenter der bayer. Reserve-Cavallerie. Die Preußen feuerten ein paar Schüsse unter sie hinein, wodurch ein Kürassier getödtet, einige verwundet wurden. In Folge ihrer Waffenart und auch ihrer Stellung - theilweise im Sumpf – unfähig, hiegegen Etwas zu thun, wendete sich augenblicklich Alles zur Retirade. - Ein General dieser Cavallerie saß, wie man erzählte, gerade in Diebach, er soll den Befehl gegeben haben, im Falle eines Zusammenstoßes in nichts Ernstliches sich einzulassen. Wenn dem so ist, sah er seinen Befehl nur zu bald buchstäblich erfüllt. Das ganze Reiter-Geschwader galoppirte theils über die neu erbaute hölzerne Saalbrücke bei Untereschenbach, theils über die Saalbrücke bei Diebach nach Obereschenbach. Man erzählt, es hätten sich selbst Einzelne zu Fuß davon gemacht, weil ihre Pferde im Sumpfe stecken geblieben seien. Die Retirade ging weiter in das Mainthal nach Gemünden, Wernfeld.

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