Hammelburger Geschichte(n)

19. Ludwig Schröder, Füsilier der 9. Compagnie, Reservist, geboren den 7. Februar 1839 zu Hebern, Kreis Bielefeld Regierungsbezirk Minden, in seinem Civilstande Ackerer. Durch eine Schußwunde am Hinterkopfe sehr schwer verwundet, verstarb er am 25. Angust 1866 im Bürgerspitale und wurde am 26. Aug. unter Theilnahme der Reconvalescenten der beiderseitigen Truppentheile und vieler hiesigenPfarrei-Angehörigen beerdigt, - der letzte Soldat, der im Blut- und Thränenjahre 1866 in den hiesigen Lazarethen dem Tode erlegen.

20. Johann Heinrich Eßmann, Füsilier der 7. Compagnie, Alter 27 Jahre, Dienstzeit 4 Jahre 9 Monate, aus Rhede, Kreis Borken, Rgierungsbezirk Münster in Westphalen, Schuß im rechten Unterschenkel, kam aus dem Seelenhause 14. Septbr. 1866 nach Frankfurt a/M., und von da in Privatpflege zum Grafen Solms-Wildenfels-Laubach. Unter dem 1. März 1867 schrieb uns der I. evangel.-luth. Pfarrer Schick zu Laubach: „Johann Heinrich Eßmann, ein ächter Westphale, treu im Leben und im Sterben, von innig frommem Gemüthe, schien Anfangs am leichtesten verwundet, doch war der Knochen gänzlich zersplittert und es bildete sich, wie sich zuletzt herausstellte, Knochenfraß und Brand aus. Er starb, nachdem er die Sterbsakramente von dem katholischen Geistlichen aus Giesen, welchen Se. Erlaucht hieher kommen ließen, empfangen hatte, am 21.November 1866 und wurde am 23. in Laubach beerdigt.“

Vom dritten brandenburgischen Infanterie-Regiment Nro. 20.

21. Johann Heinrich Kohl, Gefreiter der 8. Compagnie, geboren den 10. Oktbr. 1840 zu Bardewitz, Kreis Jüterbogk Luckenwalde, Regierungsbezirk Potzdam, in seinem Civilstande Bauernsohn, wurde im hiesigen Gefechte durch drei Schüsse verwundet, und starb in der Nacht vom 11. auf den 12. Juli im städtischen Siechenhause. Für den Leichnam fand sich vor seiner Verbringung auf den Gottesacker in diesem mit Kranken im Anfange wahrhaft überfüllten Lazarethe kein leeres Plätzchen, er mußte deßhalb in dass Freie, zunächst in das anstoßende Gärtchen verbracht werden.

22. Johann Gotthelf Leitel, Gefreiter der 7. Compagnie, geboren den 4. Mai 1838 zu Meseritz, Kreis daselbst, Provinz Posen, in seinem Civilstande ein Arbeiter, Sohn eines verstorbenen Butterhändlers, hatte den Feldzug 1864 in Schleswig und die Belagerung von Düppel mitgemacht und war mit den bezüglichen Ehrenzeichen dekorirt. „Wer nach jenen Schreckenstagen das linke Zimmer im untersten Stocke des Siechenhauses besucht hat, dem wird wohl nicht leicht die Erinnerung an diesen armen Leidenden fehlen, wie er in fortwährenden, durch Nichts zu beseitigenden Delirien ruhelos, Tag und Nacht mit Reden erfüllte.“ Er erlag seiner Schlafbeinwunde am 24. Juli 1866. (Es liegt uns ein Tableau sämmtlicher Gefechtsorte Unterfrankens vor: „Erinnerung an das Kriegsjahr 1866“, in der Mitte preußisches Denkmal bei Helmstadt, worauf die dortselbst Gebliebenen des dritten brandenburgischen Infanterie-Regimentes Nro. 20 verzeichnet sind: ein Sekondlieutenant, hierauf vier Gefreite, worunter irriger Weise auch Johann Ferdinand Kohl ans Bardewitz und Gotthelf Leitel aus Meseritz.)

Gerne möchten wir nun auch glauben, die genannten Todesfälle seien die einzigen und sämmtlichen der hier im Treffen engagirt gewesenen preußischen Regimenter, denn schon diese kleine Zahl hat übergroßen Jammer hervorgerufen in wackeren Familien, die den deutschen Bruderkrieg vom Anfange an auf das Tiefste beklagten. Leicht ist es jedoch möglich, daß, wie Lieutenant v. Arndt und Füsilier Eßmann, so noch mancher Verwundeter der von hiesigen Lazarethen auswärts verbracht wurde, dort seinen Wunden erlegen ist. Jedenfalls müssen wir in Abrede stellen, was ein preußischer Bericht über das Treffen bei Hammelburg ausgesprochen hat: „Es sind eben so viele Bayern gefallen, als Preußen, wenn nicht noch mehr!“ Was uns immer nur ein bloses Gerücht zu sein schien, nämlich, daß die Preußen ihre Todten sofort bei Seite geschafft und heimlich begraben hätten, können wir als thatsächlich für unseren hiesigen Gefechtsplatz nicht mehr bezweifeln. Der Knecht des Saalmüllers Hack mußte unmittelbar nach beendigtem Treffen mit dem großen Wagen seines Dienstherrn in Begleitung von 20 preußischen Soldaten gegen Untererthal fahren; an der Lehmgrube bei Hammelburg wurden zwei Todte aufgeladen, eine Strecke davon an der sog. Schneid eine noch größere Anzahl, es mögen endlich gegen 25-30 Leichname auf demWagen gewesen sein. Diese Todten, sämmtlich Preußen, mußte er über Untererthal in den auf der Höhe des Berges befindlichen Wald gegen Neuwirthshaus zu fahren, hierauf eine Strecke im Wald von der Straße links in einen Waldweg einlenken, und wurden hierauf die Todten nach einer viertelstündigen Weiterfahrt gegen Windheim zu im Walde abgeladen. Der Fuhrmann mußte sogleich wieder fortfahren, ohne Zeuge sein zu können, ob an jenem Orte und in welcher Weise die Leichname begraben worden sind. Auf dem Wege sah derselbe auch noch etwa zwei andere Wagen, die mit todten preußischen Soldaten gleichfalls ziemlich stark beladen waren. Die Fuhrleute waren hessische Bauern. Diese Mittheilungen machte unter dem 21. Januar 1867 der Knecht Johann Hofmann vor dem hiesigen königlichen Bezirksamte, nachdem er vorher über die Wahrheit seiner Aussage Handgelöbniß abgelegt hatte. An Festtage Mariä Verkündigung trafen wir genannten Knecht, wie er mit zwei Kameraden hierher zurückkehrte, nachdem sie einige Stunden in dem betreffenden Walde nach Gräbern gesucht hatten. Er behauptete, die Stelle, wo er die Todten abgeladen, genau wieder erkannt zu haben, ein Grab hat er daselbst jedoch nicht gefunden. Noch unter dem 14. August erhielten wir einen Brief: der Füsilier Knepper aus Waltropp (Weftphalen) vom 39. Regiment, der einzige Sohn betagter Eltern wird von diesen als schwer verwundet schmerzlich gesucht und Hammelburg als muthmaßliches Lazareth angegeben ec.“ Derselbe befand sich nicht unter den Verwundeten in hiesigen Lazarethen und eben so wenig unter den uns bekannt gewordenen Verstorbenen. Vielleicht gehort er in die Kategorie der Gefallenen und heimlich Beerdigten.

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