Der Brand
Am 25. April 1854 Mittag 11 Uhr wurden die Bewohner Hammelburgs erschreckt durch das Sturmgeläute vom Thurme der Pfarrkirche und den Jammerruf: Es brennt in einem Hause am Marktplatze! Zum größten Unglücke wüthete ein großer Sturm- und Wirbelwind von Nordost her. Das Feuer griff mit solcher Schnelligkeit um sich, daß von 11 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nachmittags 327 Wohnhäuser und 280 Nebengebäude niedergebrannt waren. - Der Verlust an Immobilien wurde auf 1 Million Gulden, der Verlust an beweglichem Eigenthume gegen 492.000 Gulden geschätzt. Leider war nur sehr Wenig versichert. - Es brannte nieder das schöne Schloßgebäude, und gingen die landgerichtlichen und rentamtlichen Akten fast sämmtlich zu Grunde; das mächtige, altehrwürdige Rathhaus, in gothischem Style erbaut; das Bürgerspital sammt Kirche, die Schule, die Apotheke, das Postgebäude; von der glühenden Hitze zündete der Thurm der Pfarrkirche Nachmittags 1 Uhr, und stürzte gegen 2 Uhr unter einem fürchterlichen Gekrache brennend nieder. -
Mehr als 2000 Menschen wurden obdachlos, und mußten entweder auf einige Zeit auswärts, oder hier in ausgebrannten Kellern, in Gartenhäuschen, Ställen, auf Böden ihre Wohnung aufschlagen. Schloß Saaleck und Kloster Altstadt wimmelten von Menschen. Der zu jener Zeit neuernannte kgl. Landrichter Moser, der kurz vor Beginn des Krieges dahier verstorben, wurde im Klosterrefektorium zu Altstadt in sein neues Amt eingewiesen und hatte auch dort einige Zeit sein Bureau; das kgl. Rentamt hatte den ganzen Sommer über sein Bureau in dem von den Flammen verschonten Pfarrhause. - Wie Phönix aus der Asche hatte sich Hammelburg aus den Brandruinen erhoben, sein Wohlstand war jedoch auf Generationen hinaus verschwunden. Die Brandwunden waren erst theilweise vernarbt, als der 10. Juli 1866 abermals drohte, Hammelburg in einen vollen Schutthaufen zu verwandeln. Etwa Mittag 1 Uhr ertönte das Sturmgeläute zum erstenmale, es war ein jammer- und wehmuthsvolles Läuten; man erkannte nur zu deutlich, mit wie geringer Kraft die vier Glocken der Pfarrkirche in Bewegung gesetzt wurden. Schlosser Keß, ein bejahrter Mann, der den Glockenthurm aufsperrte, läutete 2 Glocken, und ein junger Mann, Namens Joseph Geisel, die beiden anderen. -
In dem Verbindungsgäßchen zwischen dem Spital und der Judengasse, dem s. g. Neubaugäßchen (jetzt Rineckerstr.), zündete von den feindlichen Granaten die erste und äscherte die Scheune der Eva Hepp Wittwe, zu Haus-Nro. 209 gehörig, ein; das Feuer ergriff hier noch die Häuser 207 und 208 des Franz Anton Schilling und des Adam Joseph Dickert, sowie die Scheuer zu Haus--Nro. 217, sämmtlich neue Gebäude seit dem Brande 1854; die weitere Brandstätte war in dem mehr nördlichen Stadttheile, den 1854 die Flammen verschont hatten, in dem Verbindungsgäßchen zwischen der Hohengasse und dem s. g. rothen Rain, Nro. 132, Haus und Nebengebäude des Georg Freund, mit 133, 134, 135, die Wohnhäuser des Georg Scheller, Matthäuß Dehler und Joseph Werberich am rothen Rain, letztere theilweise; die dritte Granate zündete gegen 1 Uhr Nr. 310, dem Franz Uebel gehörig; von da übergehend auf 311 und 312, dem Adam Weller und Michael Kuhn gehörig, letzters theilweise; das vierte Feuer entstand in der Scheuer zu Haus-Nro. 119, welches dieses selbst, dem Johann Kaiser gehörig, angriff und einäscherte, weiter Nr. 120 und 121 des Wilhelm Winter und Andreas Happ, sowie Nro. 122, 123, 124 und 125 theilweise beschädigte; wieder eine Granate zündete Haus-Nro. 110 und 111 in der Häckersgasse, dem Blasius Hepp und Franz Mohr gehörig; das Feuer wüthete fort und äscherte, was zu Haus-Nr.113 und 115, dem Johann Rösser und Michael Paul gehörig, ebenso 109 und 108 vollsttändig ein, dem Jakob Schaupp und Joh. Schröder gehörig, und beschädigte 107 theilweise. Der zweite, vierte und fünfte Feuerheerd vereinigten sich zu einem Feuermeere, das zu bewältigen, fast eine Unmöglichkeit schien; eine sechste Brandstätte durch Zündgranaten entstand in Hs-Nr. 285, dem Martin und Georg Schreiner gehörig. welches Feuer auch die Häuser Nro. 259 und 260 des Nikolaus Fell und Johann Rösser einäscherte und Nro. 261 beschädigte. In Haus-Nro. 77 vor dem Niederthore löschte der Saalmüller Johann Adam Hack mit seinen Leuten das Feuer, das durch eine Granate in der anstoßenden Lohmühle entstanden war.