Hammelburger Geschichte(n)

Verköstigung der Verwundeten

Ein Artikel im „Hammelburger Journal“ vom 21. Juli 1866 berichtete: „Nach den für Hammelburg sehr traurigen und beschädigenden Ereignissen der vorigen Woche ist es nun tröstlich, daß die beiderseitig verwundeten Truppentheile ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses von den hiesigen Bewohnern die wünschenwerthe Verköstigung und Verpflegung erhalten. In den drei Lazarethen liegen die hiesigen Klosterfrauen unermüdlich ihrem schweren Berufe ob. Auch hiesige Frauen und Jungfrauen, selbst Schülerinnen wetteifern in diesem heil. Liebesdienste. Ein Frauen- und Jungfrauen-Verein sorgt in der Reihenfolge der Geberinnen für unentgeltliche Beschaffung der Verköstigung der Verwundeten im Siechenhause, selbst von nahen Ortschaften bietet man in dieser Weise hilfreiche Hand; insbesondere sind es auch die sehr verehrlichen Stiftsdamen von Waizenbach, die das harte Loos der unglücklichen beiderseitigen Verwundeten, ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, durch entsprechende Liebesgaben zu erleichtern suchen. Alles das ist ein hinlänglicher Beweis, daß bei uns Niemand den Wahn hegt, es handle sich in diesem unglücklichen Kriege um die Religion, oder daß irgendwie die geringste Beeinträchtigung des religiösen Bekenntnisses zu fürchten sei.“ Gerne unterschreiben wir heute noch diesen Artikel.

Als vorzügliche Wohlthäterin der verwundetenSoldaten nennen wir Frau Bilhildis Happ, Wittwe. Sie hatte sich schon vor dem Gefechte bereit erklärt, verwundete Soldaten eventuell zur Pflege in ihre Wohnung aufzunehmen, und sie hielt Wort, trotzdem bei der Invasion in den Keller eindringende Preußen ihr gehörigen Wein zu sehr bedeutendem Werthe vergeudet haben; sie nahm am 11. Juli bis zehn verwundete Bayern und Preußen in ihre Wohnung auf, verpflegte sie mit ihren Angehörigen, und verköstigte sie auf eigene Rechnung bis zu deren vollen Wiederherstellung. Ermuntert endlich, für die Verpflegung der preußischen Soldaten zu Liquidiren, wandte sie den Betrag sofort der Kleinkinder-Bewahranstalt zu. Frau Bilhildis Happ erhielt Allerhöchste Anerkennung für ihr wohlthätiges Wirken während der Kriegszeit.

Ebeuso hat Frau Balbina Pfaff mit ihren Töchtern Aurelia und Theresia. 13 und 11 Jahre alt, die Klosterfrauen in den Spitälern Wochen lang mit größtem Eifer in der Pflege der Verwundeten unterstützt. An genannte Frau haben die Schwestern im Siechenhause vor der gehörigen Instandsetzung dieses Lazarethes, so oft Viktualien ec. mangelten, sich gewandt und durch ihre Vermittlung stets schleunige Hilfe gefunden. Noch mehrere Monate nach dem Gefechte fanden arme Verwundete, die wieder zum Besuche in den hiesigen Lazarethort kamen, bei ihr Quartier und mütterliche Aufnahme.

Noch viele hiesige Frauen und Jungfrauen, den königlichen Beamten- und bürgerlichen Familien angehörig, haben sich Verdienst erworben in Verköstigung der Verwundeten, insbesondere im Siechenhause. Fräulein Sabina Schmal hatte die Mühe übernommen, die Geberinnen stets der Reihenfolge nach zu bestimmen u. s. f.

Gerne erwähnen wir noch, daß die Schulmädchen Anna Schneider, Fanny Bötsch, Minchen Schlessinger und Bertha Blümlein Wochen lang im Bürgerspitale und im Siechenhause eifrige Dienste geleistet haben. Brave Dienstmädchen, die im Auftrage ihrer Dienstherrschaft den Verwundeten freudigst Speisen oder Erfrischungen zutrugen, haben manche Nacht wachend am Bette der Schwerverwundeten zugebracht.

Aus der Nachbarschaft hat nebst den bereits erwähnten Stiftsdamen von Waizenbach auch Baron von Gleichen auf Greifenstein bei Bonnland des Guten viel gethan für die armen Verwundeten. Pfarrer Carl Sebastian Schmitt von Feuerthal suchte insbesondere durch freundliche Besuche und geeignete Bücher zur Lektüre, durch Uebermachung von Wein und sonstigen Erfrischungen deren hartes Loos zu mildern.

Von Auswärts weilte einige Wochen hier Graf Solms-Laubach, Johanniterordens, zur Ueberwachung der Verpflegung der preußischen Verwundeten. Wie er selbst allüberall menschenfreundlich Hilfe zu bringen strebte, so ließ er auch bei seiner Entfernung durch das königl. Bezirksamt Hammelburg den Bewohnern der Stadt öffentlichen Dank aussprechen für die an den armen Verwundeten geübte Liebe und Wohlthätigkeit. Nach Abreise des Grafen Solms traf der Johanniter Freiherr v. Quaad hier ein und verweilte einige Zeit, ebenso wohlthätig wirkend.

Wir können deßhalb nur wiederholen: So groß für uns das Unglück des Krieges, so schrecklich die Erlebnisse, so tröstlich war wieder das allgemeine Bestreben. den unglücklichen Opfern des deutschen Bruderkrieges anno 1866 echte Bruder- und Christenliebe zu erweisen.

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