Stadtpfarrkirche:
Geschichte: An der gleichen Stelle, im alten Friedhof stand wohl die ehemalige Martinskirche, die 770 mit vielen anderen von Karlmann dem Bischof von Würzburg geschenkt worden war, die noch in einer Urkunde vom 19. Dezember 853 und dann erst wieder im 10. Jahrhundert erwähnt wird. Ihre zwei Chöre waren St. Johannis (1268) und St. Maria (Marienchörlein 1381) geweiht. Beginn eines Neubaues 1268 und 1287, der aber eingestellt worden ist. (Nach H. Ullrich) Der Chor der jetzigen Pfarrkirche, St. Johannis Baptista, wurde 1389 erbaut laut Inschrift an der Außenseite des Chores. Teile der alten romanischen Martinskirche wurden dabei vermutlich einbezogen. Unter Fürstabt Reinhard von Weillnau wurden 1449 Chöre, Seitenschiffe und Empore gewölbt, 1461 wurden Langhaus und Turm vollendet. Die Treppe zum Sängerchor ist erst Ende des 17. Jhdts. angefügt worden. Beim Brand 1854 wurden Turmhelm und Turmobergeschoß zerstört und dann neu aufgebaut. 1889-91 wurde die Kirche innen neugotisch restauriert und eingerichtet. Im Hl. Jahr 1950 wurde der ganze Kircheninnenraum erneuert und das Hauptschiff mit einer leichten gotisierenden Decke eingewölbt.
Beschreibung: Spätgotische dreischiffige, basilikale Anlage mit einschiffigem Chor. Turm (als malerischer Abschluß der Kirchgasse) an der Nordseite. Sakristei in Verlängerung der südlichen, Marienkapelle in Verlängerung des nördlichen Seitenschiffes. An der Südwestecke 2-geschossiger Oelberg; an der Nordwestecke Aufgang zum Musikchor.
Der Chor umfaßt ein Joch und 5 Seiten eines Achteckes und hat Rauten- und Sterngewölbe. Die Gewölberippen laufen in halbrunden Diensten in der Mitte der Wand mit guten figürlichen Konsolen aus: Lautenspieler, Lautenspielerin, Laubkonsolen mit Drachen und Kopf. Oben schmücken Wappen die runden Schlußsteine: 1. Fulda Abtei, 2. Fulda Domkapitel, 3. Unbekannt, 4. Weillnau-Wappen. 1950 wurden an der linken Chorwand Malereien: eine Entschlafung Mariens und an der Decke der Marienkapelle Darstellungen der 4 Evangelisten, gute handwerkliche Arbeiten der Zeit um 1460, freigelegt. Die Sakristei ist 2-geschossig mit einer Wendeltreppe.
Das Langhaus umfaßt 3 Joche. Die Pfeiler teilen es in genau 3 gleiche Teile, von denen das westliche Drittel die Westempore, früher eine 2-geschossige Kapelle, ausfüllt. Die Deckenwölbung wurde 1950 als leichte Putzdecke eingefügt und der Sängerchor oben durch einen Bogen eingegliedert. In den Seitenschiffen Reihungen mit Parallelrippen. Runde Schlußsteine mit Abzeichen der Stände, z. B. Schuh, Weberschiffchen, Schaufel, Brezel usw. Die Westempore, bemerkenswert, erstreckt sich durch die 3 Schiffe, ist im Mittelschiff überwölbt, die Unterwölbung, durch Rundsäulen geteilt, enthält unregelmäßige Sternfiguration. Emporenbrüstung aus Stein mit Fischblasenmuster, seitlich mit genasten Halbrauten. Über der Emporenkapelle Orgel- und Musikchor, wozu der Aufgang (Barocktüre), erst im 17. Jhdt. angefügt wurde.
Der Oelberg mit Wappenschlußsteinen und Resten von Malereien (Christophorus) von 1450 im Untergeschoß, hat außen einen schönen, gotischen Lichterker. (Steinlaterne für Totenlicht.) Das Westportal ist spitzbogig und hat seitlich 2 Rundsäulen, welche Haken tragen, Der krabbenbesetzte Giebel endet in einer Kreuzblume.
Der Turm ist 5-geschossig. Das Nordportal hat gespitzten Rundbogen, der in Kreuzblume mit Christuskopf endet. Untergeschoß hat Sterngewölbe. Der Turmhelm, früher einmal ein „Fünffingerturm", wurde 1556 mit Spitzhelm erneuert, ebenso nach dem Brand von 1854.
Würdigung: Die Kirche nimmt eine Mittelstellung ein zwischen Basilika und Hallenkirche, ähnlich denen von Ochsenfurt, Haßfurt und Gerolzhofen. Ungewöhnlich ist der als Straßenabschluß nördlich errichtete Turm. Baulich bemerkenswert ist die Westempore mit ihrer überwölbten früheren Kapelle.
Plastik an und in der Pfarrkirche: Am Chor außen sind bemerkenswert 3 Passionsreliefs, ähnlich denen des Volkacher Kreuzweges, in der Art des Adam Krafft, um 1520, darstellend: Christus vor Pilatus, Christus und die weinenden Frauen, Christus und Simon von Kyrene. Bemerkenswerte Arbeiten, leider stark verwittert.
Ebenfalls außen an der Chorwand Grabstein der Ehefrau Katharina des unbekannten Chorbaumeisters: Gabelkreuz mit Assistenzfiguren. Unten Schild mit 2 Hämmern, verschlungen, dem Baumeisterwappen. Sein Meisterzeichen T+F ligiert, war früher ganz unten noch erkennbar. Etwas später ist der Grabstein an der Westwand der Anna Steinmetzin von 1456, ebenfalls mit Kruzifix, Assistenzfiguren und den Gatten. Schild mit Steinmetzzeichen.
Links vom Turm: Steinfigur St. Maria, gekrönt, links das Kind, rechts ein Szepter haltend. Gutes Werk bürgerlicher Gotik um 1400, dessen Einzelheiten leider durch vielfache Uebermalung verflacht sind. Weitere Grabsteine der Außenseite sollen wenigstens summarisch behandelt werden. Neben den bereits erwähnten sind einige stark abgetretene Steine an der Südwand eingelassen. An der Treppe der Grabstein des Jost Ad. von Holtzhausen, ein vor dem Kruzifix knieender Ritter, mit Ahnenwappen. 1568. - An der Nordostseite der des Ritters Ad. Rau von Holtzhausen, 1568 mit Frau und Mädchen, sowie Ahnenwappen. An der Ostseite der des Bürgers Michael Ullerich : Kruzifix, darunter die Gatten mit elf Kindern, von Peter Dell d. Aelteren, 1620. Ferner ein Dreifaltigkeitsrelief ohne Inschrift.
An der Südseite Dalberggrabsteine mit Dalbergwappen, 1734-36, weiter zwei abgetretene Priestergrabplatten und ein Erthal(?)-Stein. Von den Grabsteinen in der Marienkapelle sind bemerkenswert:
1. von 1548 der des Stephan Weisbach und der Justina Schneidenwein, beide in Zeittracht mit einem Knaben und 4 Mädchen, in den Ecken Engelsköpfchen, ferner
2. der Grabstein des Wilhelm von Radenhausen, eines Ritters mit Feldbinde und Schwert, Amtmanns auf Saaleck von 1605.
3. des Hugo Phil. Eckenbertus von Dalberg von 1754, eine Inschrifttafel, von Rokoko-Muschelwerk umgeben
4. Grabstein des Wolffram von Schleten, als Ritter mit seiner Frau dargestellt, sowie mit 5 Söhnen und 5 Töchtern, im Giebelfeld Wappen von 1561 und 1570.
Im Innern des Kirchraumes überragt an Bedeutung alle Figuren die Madonna des Jakob Auvera, jetzt in einem Strahlenkranz über dem Hauptaltar schwebend, nachdem sie 1949 in ihrer alten Gold-Silberfassung wieder hergestellt worden war. Die Figur, um 1720 entstanden (ähnlich einer Hausmadonna Auveras in Würzburg, Johannitergasse 19), im schweren Barock des aus Mechelt stammenden Holländers, der seit 1700 in Würzburg lebte, wo er 1719 Hofbildhauer geworden war. Etwas später entstand unsere Madonna, welche massige Formgebung mit barocker Prunkhaftigkeit verbindet. Besonders wirksam wird letztere unterstrichen durch die Glanzlichter des reichen Faltenwurfs und den vliesartigen Umhang. Nur Gesicht, Hände und der Körper des Jesuskindes haben matten, fahlen Fleischton; die Haare sind dunkel gehalten. Maria hält das Szepter, das Kind den Reichsapfel. Zu Füßen neben der Mondsichel sind Engelsköpfchen; Maria stellt den Fuß auf den Kopf der Schlange. Die Figur ist wohl die beste erhaltene Holzplastik Auveras, möglicherweise aus der Schloßkapelle.
Eine wertvolle kleine Pieta krönt den Altar der Marienkapelle: eine trauernde Muttergottes in got. Bürgertracht auf den Knieen den schlaffhängenden Körper des Heilands haltend. Sie ist etwa 1490 entstanden, neu gefaßt in guter Farbgebung.
An einem der linken Langhauspfeiler eine St. Anna m. Maria, Rokokogruppe des späten 18. Jahrhunderts, stark gegliedert, handwerklich. Rechts des Chorpfeilers Seitenaltar mit St. Joseph, Holzplastik 1954 des einheimischen Bildschnitzers Jos. Ruppert, darüber großes Kruzifix von 1610, früher als „Pestkreuz" verehrt.
Am rechten Chorpfeiler: St. Johannis Baptista, lange am Giebel der Winzerhalle. Neu gefaßt. 17. Jh. Handwerklich. Am linken Chorpfeiler: St. Laurentius m. Traube 18. Jh. Neu gefaßt.
Der Hauptaltar wurde 1950 bei der Neugestaltung des Inneren einfach, im Stil alter Altartische des 13./14. Jh. errichtet. Seitlich des Tabernakels sechs Heiligenbüsten in Hochrelief, versilbert (St Martin, St. Johannis, die Kirchenpatrone, ferner St. Bonifatius, St. Willibrord, St. Kilian und Abt Sturmius) von Kröner-Würzburg. Silberkruzifix von Stenglen-Augsburg 1768. Sechs silberne Leuchter aus Augsburg 1768. Reiche, wertvolle Monstranz mit Fuldaer Beschauzeichen von Johannes Foemel Fulda 1712. An den Emporepfeilern: Gegen Osten die oben erwähnte St. Anna und eine Marienfigur 18. Jhrdt. Gegen Westen: Johannes Nepomuk des 18. Jhdt. und ein St. Johannes Baptista, Ende 18. Jhdt., beide gute Arbeiten.
An der Süd- und Westwand: Kreuzweg des 19. Jh. in neugotisch Stil. Die ursprünglich farbigen Holzreliefs sind - ohne Rahmen - 1950 mattweiß getönt worden.
Früher am Seitenaltar rechts, bemerkenswertes farbiges Relief: Kruzifix mit Assistenzfiguren: St. Georg und St. Stephanus neben Maria und Johannes aus der Zeit um 1500 im Stil der ,.bürgerlichen Gotik". (Wird z. Z. renoviert)