96 Jahre freiwillige Feuerwehr in Hammelburg
Der Brandgedenktag in Hammelburg, verbunden mit der Weihe einer neuangeschafften modernen Ulmer Leiter, gibt uns willkommene Gelegenheit, einmal im Zusammenhang über die Entwicklung dieser segensreichen Einrichtung und über die Verdienste ihrer führenden Männer zu berichten. Die Brandkatastrophe von 54 hatte in ihrem Ausmaß des Schadens eindringlich dargetan, wie bitter notwendig die Brandabwehr war. Schon 1856 hatte sich ein Branddirektorium gebildet, das sich aus dem Privatier Lorenz Bohlig, dem Schmied Franz Sell, dem Kaminkehrer J. J. Michelbach, den Häckern Georg Marterstock und G. A. Schultheis, dem Färber Wilhelm Endres, dem Schreiner Wilhelm Herold und dem Flurer Joh. Schröder zusammensetzte. Auf ihre Initiative hin erfolgte durch Bezirksamtmann Schalk am 15. September 1858 die Gründung der Wehr, welche 1867 statutenmäßig verankert und 1868 der Landesfeuerwehr, Verband Bayern, angeschlossen wurde. Aber, wie aus den alten Niederschriften zu ersehen ist, hatte die junge Wehr aus öffentlichen Mitteln wenig zu erwarten. Fast ausschließlich die eigenen Mitglieder hatten zu ihrem anstrengenden Dienst auch noch durch eigene materielle Opfer das Geld aufzubringen für die Ausrüstung, für Helme, Leitern und auch noch für das damalige Steigerhaus. Wir möchten an dieser Stelle deshalb besonders die Namen derer der Vergessenheit entreißen, welche mit ihren Spenden der jungen Wehr unter die Arme griffen. Das war zunächst die München-Aachener Feuerversicherung mit 170 Gulden 1868, die Bayer. Hypotheken- und Wechselbank mit 50 Gulden 1871, Freiherr Carl von Heß 1872 mit der ansehnlichen Spende von 500 Gulden und Dr. Hofmann mit 48 Gulden im gleichen Jahre.
Am Anfang der Entwickelung der Wehr stand die Anschaffung eines damals neuzeitlichen Löschgerätes, einer Abprotzspritze, welche sich gut 90 Jahre im Gebrauch bewähren sollte. Der nächste Markstein ist die Errichtung eines Steigerhauses im 2. Bleichrasen gewesen, ebenfalls erbaut aus eigenen Mitteln der Wehr mit einem Kostenaufwand von 299 Gulden. Die Wehrmänner waren stets darauf bedacht, durch die Teilnahme an den großen Bayr. Feuerwehrtagen ihren Gesichtskreis zu erweitern. So wurden 1870 3 Wehrmänner nach Regensburg zum 2. und 1871 wieder 3 zum unterfränkischen Kreisfeuerwehrtag Aschaffenburg abgeordnet. 1908 fand dann der 19. Unterfränk. Feuerwehrtag mit dem 50. Stiftungsfest in Hammelburg statt. Karl Michelbach, Otto Ungemach, Georg Baier und Andr. Vogt waren damals die führenden Männer. Bis 1938 waren die Geräte der Wehr im Erdgeschoß des Rathauses untergebracht gewesen. 1938 aber entschloß man sich, dafür den alten „Büchsenhof" zu einem ordentlichen Gerätehaus umzubauen, denn das 80. Stiftungsfest stand vor der Türe. Dieses mußte dann aber wegen der Vorgänge im Sudetenland auf den 29. Juli 1939 verschoben werden und war unter Mitwirkung des Trompeterkorps vom 115. Art.-Regt. und einem Leistungswettkampf der besten mainfränkischen Wehren ein großer Erfolg. 1947 wurde dann der Wehr noch eine Motorlöschgeräte-Halle an der Kirchgasse für das 1948 angeschaffte Löschauto - das Tanklöschfahrzeug 15 - zur Verfügung gestellt.
Auch des Wirkens der bisherigen Kommandanten soll hier gedacht werden. An ihrer Spitze steht der erste Kommandant, Privatier Lorenz Bohlig, welcher zuerst 14 Jahre, von 1858 bis 1872, und nach dem Distrikts. Techniker Lorenz Deppich (1872-76) nochmals 21 Jahre lang, bis in sein hohes Alter hinein, von 1876 bis 1897 die Wehr aufopfernd befehligte. 35 Jahre lang aktiv im Dienste der Wehr! Sein rühriger Adjutant, der Rentamtsoffiziant und spätere Amtmann Franz Baier wurde nur für 2 Jahre bis 1899, der Hauptlehrer Ungemach dann für 4 Jahre (1899 bis 1903) zum Kommandanten gewählt. 20 Jahre führte dann der Gewerberat Karl Michelbach die Wehr erfolgreich, bis 1923, und 10 weitere Jahre der Landwirt Georg Jopp.bis 1933. Ihm folgte der Angestellte August Fell als Kommandant bis 1936 und entfaltete dann ein von ruhiger Sachlichkeit getragenes Wirken als Kreisbrandinspektor bis auf den heutigen Tag. Als Kommandant ist ihm 1950 im gleichen Geiste Landwirt und Stadtrat Karl Hurrlein gefolgt, der auch noch heute zielbewußt tätig ist. In den alten Heimatblättern (6/1933) wurde über Sturmes- und Wassernot geschrieben. Hier sollen die Brandkatastrophen der letzten 100 Jahre zusammenfassend behandelt werden, also die Ereignisse, in denen die Wehr ihren Wert und ihren Geist erproben konnte. Nach 1854 brachte der Krieg von 1866 das erste größere Brandunglück; hatten doch die Preußen am Mittag des 10. Juli um halb 1 Uhr begonnen, die Stadt mit Brandraketen einzudecken, welche an 6 verschiedenen Stellen der Hohgasse und der Judengasse zündeten. Die durch mutige Männer unter Lebensgefahr in Stellung gebrachten Spritzen hatten keine Löschmannschaft und konnten im Hagel der Geschosse wenig ausrichten. Nachmittags löschten die eingerückten Preußen etwas, wurden aber durch den genossenen Wein bald müde und aktionsunfahig. Als am 11. Juli früh das das Corps Beyer gegen Kissingen aufbrach, lagen 56 Gebäude in Asche. Der nächste Großbrand war 1884, als trotz aller Anstrengungen ein ganzes Stadtviertel an der Winzergasse und der Oberen Stadtmauer den Flammen zum Opfer fiel. 1886 vernichtete ein weiterer Großbrand die Kinderbewahranstalt und die Nachbargebäude. Die Feuerwehr lokalisierte den Brand zusammen mit der Würzburger Wehr. Über 30 Jahre blieb die Stadt vom Feuer verschont. Da lohte im Jahre 1922 der Dachstuhl des Saalecker Bergfrieds wie eine lodernde Fackel über dem Berg: Seine zinnerne Kappe und Wahrzeichen, der „Blaue Hut" fiel dem angefachten Element zum Opfer. Und schließlich warfen die letzten Tage des 2. Weltkrieges durch Beschuß und Fliegertiefangriffe nochmals die Brandfackel in die friedliche Stadt und riefen am 4. und 5. April an 32 Schadensstellen (Wankelstraße, Dalbergstraße, Obere Stadtmauer, Viehmarkt, Friedhofstr. u. a.) Brände hervor, die trotz der chaotischen Umstände lokalisiert werden konnten.
Diesen Ruhmesblättern der Bewährung der Stadtfeuerwehr, zu der heute durch die Feuerschutzabgabe jeder - und mit Recht - sein Scherflein beiträgt, müßten auch die Verdienste all der Wehren des Kreises treten, welche ebenso tatkräftig zu einer umfassenden Brandabwehr durch Verbesserung ihrer Ausrüstung, Anlage von Feuerlöschteichen und Bau moderner Feuerhäuser beigetragen haben. Sie sollen eines Tages in unserer zeitgenössischen Landkreischronik gewürdigt werden. Die Bevölkerung des Landkreises möge am 28. April dieses Jahres ihren Stolz und ihre Dankbarkeit für das segensreiche Wirken der Wehr durch eine rege Teilnahme an Prozession und Großübung bekunden.
K. Brandler.