Hammelburger Geschichte(n)

Zur Ausrüstung des Kriegsvolkes gegen die Türken hatte die Stadt Hammelburg dem Fürstabte Philipp Schenk von Schweinberg 1000 fl. so vorgestreckt, daß sie solche von der Steuer und Anlage, die ihr vermöge Speier’schen Abschiedes auferlegt war, abziehen möchten, und daß ihr hiemit andere Freiheiten, Herkommen und Gerechtigkeiten unbenommen sein sollten, worüber von genanntem Abte im J. 1542 Urkunde ausgestellt wurde. (In gleichalteriger Abschrift zu Fulda.)
Über diesen „jämmerlichen Zug wider die Türken“ schreibt unser Klosterchronist: „1542 haben Herr und Fürst und alle stände deutscher Nation 8000 zu Roß und 40,000 zur Fuß, Alles auserlesenes Volk, in Ungarn wider die Türken geschickt, und ist Margraf Joachim aus der Mark, Churfürst, der Obrist gewesen; dem ist alle Kriegsrüstung zu „“unraith““ kommen, hat Ehrliches nichts ausgerichtet, seind die armen Knechte ein großer Theil Hungers und vor Kälte gestorben, so seind die anderen jämmerlich auch abgegangen; also thut es, wenn man sich auf gute Rüstung, hübsche starke Leut und Pferde verläßt, bankettirt, frißt sauft, schwärmt, spielt und bulet und in Summa Gottes seiner Hilf und Ehr vergißt.“
Am 17. September 1542 ist durch Schultheißen und Bürgermeister angefangen worden, daß alle und jede Gebote in Profansachen, welche vorher durch die Stadtknechte in der Pfarrkirche verkündigt wurden, fortan vor dem Rathhause über die Treppe herab verkündet werden sollen.
Sonntags darauf, 24. September, ist dann auch durch Johann Stauff, Stadtschreiber, die Ordnung der Münze, wie sie von dem Fürstabte zu Mackenzell gemacht worden, vor’m Rathhausse von Wort zu Wort verlesen und folgends an die Rathhausthüre in einem Decrete angenagelt worden.
Der gegenwärtige Kirchhof zu H. ist im Frühlinge 1543 angelegt worden, „indem Bürgermeister und Rath der Stadt ungefähr zwei Morgen (Acker) Artfelds vor dem Oberthore hinter der Kirche gelegen, dem Spitale zuständig, zu einem neuen Begräbnißplatze zurichten ließen, und ist, als dieser Platz verschlossen gemacht war, ein Bürger, Hans Spohn genannt, ein Metzger, am 23. September def. Jahres zum allerersten begraben worden, wobei Friedrich Bachofen, von Leipzig gebürtig, der hl. Schrift Doctor, damals Prediger in Hammelburg, eine sehr schöne christliche Lehre und Predigt gethan und das 38. Kapitel Ecclesiastici durchaus ausgelegt hat“.
War das Jahr 1553 für Hammelburg ein trauriges, „indem am 19. Mai in Peter Bischofs Haus die Pest zu grassiren angefangen hatte und ihr 1600 Personen erlagen“, so war das folgende Jahr, in welchem H. die Leiden des markgräflichen Krieges theilen mußte, eben so schrecklich.
Markgraf Albrecht von Brandenburg-Culmbach, in seinem 12. Jahre zu Jerusalem zum Ritter geschlagen und mit 19 Jahren im J. 1541 zur Herrschaft gelangt, ein prunksüchtiger, aufbrausender und tollkühner Jüngling, drohte das ganze deutsche Vaterland in Kampf und Verwirrung zu stürzen; plündernd und zerstörend hatte er Deutschland wie ein Straßenräuber durchzogen. Zwar wurde er am 9. Juli 1553 in der Schlacht bei Sievershausen im Lüneburgischen und nochmals am 12. September desselben Jahres in der Nähe von Braunschweig geschlagen und in die Acht erklärt, aber bald darauf erschien er wieder in Franken, hauste namentlich arg in Schweinfurt, wo von ihm bei der Plünderung der Stadt unter Anderm auch der dahin geflüchtete fuldaische Kirchenschatz, „an 90 Kelche, kostbare in Gold und Edelstein gefaßte Reliquien und schöner Kirchzierath“, geraubt wurde, und setzte von Schweinfurt aus seine Räuberei in der ganzen Umgegend fort. Der Raub wurde in Schweinfurt angesammelt und es sollen die dortigen Bürger an den Räubereien fleißig Antheil genommen haben.
Zu Angang Januars 1554 war Hammelburg mit Kriegsvolk besetzt und am 13. Januar das obere und untere Thor versperrt und verschüttet worden, weil man einen Einfall des gefürchteten ‚Wütherich besorgte.
„Das Kriegsvolk hat von Lichtmeß bis Mariä Magdalenä der Stadt an 3000 fl. gekostet, und mußte noch Proviant nach ‚Arnstein und in das Lager bei Schweinfurt geschafft werden, was auch über 300 fl. kostete.
Trotzdem wurde auch noch die Stadt um 10,000 fl. am 21. Juli gebrandschatzt und mußte diese ungeheure Summe in kurzen Fristen zu Forchheim zu erlegen versprechen.
Der Klosterchronist setzt bei:
„Man hat diese Brandschatzung den drei Kriegsständen zur Versöhnung geben müssen, hat man anders salvam guardiam haben wollen, weil etliche muthwillige Bürger auf Abenteuer gegen Schweinfurt allerlei Nothdurft in die Stadt getragen haben, während doch die Stadt Hammelburg mit dem Markgrafen weder zu schicken noch zu thun gehabt, viel weniger ihm etwas zugeführt hat.“
Demnach kann nicht angenommen werden, daß Markgraf Albrecht die Stadt brandschatzte, vielmehr ist dieses von dessen Bekämpfern, den Kriegsständen Würzburg, Bamberg und Nürnberg ausgegangen.
Im Sommer des Jahres 1554 hatte auch die berühmte Fulvia Olympia Morate, eine der gelehrtesten Frauen des 16. Jahrhunderts, geboren in Ferrara, Tochter des Dichters Julvius Moratus, sich aus Schweinfurt, wo sie als Gemahlin des deutschen Arztes Andreas Gundler (Grünthler) lebte, „im Hemde“ nach Hammelburg geflüchtet, um der Plünderung und dem Brande, welche in Schweinfurt wütheten, zu entgegen.
Sie verlor hiebei ihre Bücher und ihr ganzes Vermögen, kam dann von H. aus mit ihrem Manne nach Heidelberg, wo dieser als Professor an der Universität lehrte, während sie in griechischer und lateinischer Sprache Unterricht ertheilte28 .
Es scheinen damals noch mehrere Bürgerfamilien von Schweinfurt nach H. geflüchtet zu sein, denn es wird in der Schweinfurter Chronik eines Kaufvertrags und einer Quittung erwähnt, welche von Dorothea, Hansen Mergel’s Bäcker- und Bürger-Wittwe aus Schweinfurt, zu Hammelburg datirt und vom dortigen Schultheißen Hans Jörg von Erthal anno 1562 Freitag nach dem Ostertage gesiegelt ist.
Gegen die Mitte des 16. Jahrhunderts waren die Juden, obwohl man deren Vermehrung durch verschiedene Verordnungen entgegenzutreten suchte, dennoch in Hammelburg sehr zahlreich geworden und hatten den Handel fast ausschließlich in den Händen. Bei Darlehen waren ihnen die gewöhnlichen, reichsabschiedsmäßigen Procente bewilligt.
Weil sich aber hiemit nicht begnügt wurde und namentlich bei dem Kaufe von Zielgeldern übermäßige Vortheile in Anspruch genommen wurden, erließ Fürstabt Wolfgang am 6. Juli 1564 ein merkwürdiges Mandat an die Stadt H. Betreffs der Zielkäufe und des Judenbuches, welches, „nachdem die Stadt und Zent Hammelburg, bevorab die Häckersleute durch allerhand Contrakte, Käufe und Verkäufe ihrer Güter in Folge bisher angefallener Mißjahre in merkliches Abnehmen ihrer Nahrung und Verderben gerathen seien, den unchristlichen, überwucherlichen Contrakten über Zielkäufe, bei denen die Güterfristen oft um gar geringe Zahlung, auch wohl etwas kaum um den halben Theil des Kaufgeldes cedirt wurden“, stuern wollte und deshalb statuirte, daß, wenn 100 fl. die in fünf Jahresfristen zahlbar sind, verkauft werden wollen, hiefür 83 fl. baar Geld, für 100 fl. Kaufschillingsfristen aber, welche in zehn Jahren fällig sind, 65 fl. baar Geld gegeben werden muß. Zwei beigegebene Tabellen veranschaulichen die Sache.
Vom Jahre 1568 meldet der Chronist, daß abermals die Pest in H. geherrscht und viele Opfer gefordert habe. Einige Jahre später (1573) ware große Theuerung und Hungersnoth; zu Ende Oktober galt ein Fuder Most 50 fl., das Fuder älteren Weines 70 fl., eine Maß Butter 18 Schillinge, eine Metze Haber 14 Schillinge, eine Metzte Erbsen 1 Thlr.
Schon wieder waren die Juden Gegenstand des Anstoßes geworden, denn in einer im J. 1570 im Rathe beschlossenen Instruction über verschiedenen Beschwerdepunkte, welche die an den Fürsten abgeordneten Martin Boxberger, Bürgermeister, dann Lucas Sprung und Justus Rüffer vortragen sollten, war unter Anderm auch um Abschaffung der Juden, welche von Bürgermeister und Rath schon so oft „unterthänig und hochflehentlich erbeten war“, oder doch wenigstens im Verminderung derselben wiederholt petitionirt worden.
Einen besonderen Erfolg hatte diese Beschwerde jedoch nicht, indem lediglich auf obenerwähnte Resolution vom 6. Juli 1564 in einem fürstlichen Respcripte vom 3. September 1572 Bezug genommen wurde.
Unter den Vorrechten hatte die Stadt auch die Befugniß, von Jedem, welcher Wein in Hammelburg lagerte, eine Abgabe zu verlangen. Als daher Abt Balthasar am 17. März 1576 ein Mandat erließ, wonach künftig Jedermann im Stifte Fulda vergönntsein soll, Wein zu Hammelburg (ohne Abgabe) einzulegen, protestirte der Rath vor dem Schultheißen Wilhelm von Rumford und „widersetzte sich solcher hochbeschweerlichen Neuerungen.“
Die Wehrkraft der Stadt bestand neben den festen Mauern und Thürmen in der Schützengesellschaft, welche zu ihrer Ausbildung regelmäßige Schießübungen hielt. So wird namentlich in der Chronik berichtet, daß im Mai (Sonntag Jubilate) 1576 ein Gesellenschießen mit Röhren vor dem Weihersthore stattgefunden, und, nachdem am 26. Juni 1577 die bis dahin bestandene Gesellschaft der Armbrustschützen aufgelöst, und dagegen jene der Büchsenschützen verordnet war, am 7. August 1580 ein großes Scheibenschießen zu H. abgehalten wurde, zu welchem die Schützen von 81 Städten und Flecken eingeladen waren. Das Schießen dauerte bis 11. August, an welchem Tage die besten Gewinne mit den Fahren ausgetheilt wurden. Der erste Gewinn waren 25 Guldenthaler, welchen Hans Hein von Urfeld (Euerfeld) gewann29 .

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