Hammelburger Geschichte(n)

In Folge der fortwährenden Streitigkeiten zwischen Würzburg und Fulda, welche so alt als die beiden Fürstenthümer waren, und nicht nur die geistlichen Gerichtsbarkeiten, sondern auch verschiedene Irrungen über einzelne Besitzungen und Gefälle betrafen, waren  in den Jahren 1574, 1589, 1600, 1613, 1614 mehrere ausgleichende Verträge geschlossen worden. Hiemit waren aber die zumeist von Würzburg ausgehenden Zänkereien immer noch nicht beseitigt und sie tauchten immer wieder von Neuem auf.
So war Seitens des Würzburger Bischofs bei der römischen Curie „die Denunciation angebracht worden, das Stift Fuld liege mitten im Würzburgischen, wäre eine geringe Abtei und würden die Pfarren von den Religionsen aus dem Kloster zu Fuld schlecht versehen“. Daraufhin wurde am 27. November 1691 die Kirche und das Spital zu H. durch den päpstlichen Nuntius von Cöln einer eingehenden Visitation unterzogen, „deren Resultat die gänzliche Grundlosigkeit der erhobenen Beschuldigung war“.
Aber alsbald wurde der Streit über die geistliche Gerichtsbarkeit auf die Abtei Fulda wieder aufgenommen, bis am 24. Juli 1751 zu H. unter Zugrundlegung der früheren Verträge von 1683 und 1722 eine neue Uebereinkunft geschlossen und vom Papste Benedict XIV. am 1. October bestätigt wurde. In Folde dieser Uerbereinkunft wurde die Abtei Fulda zum Bisthume mit allen bischöflichen Rechten und Vorrechten (was hauptsächlich Gegenstand des Streites war) erhoben.
Schon oben (Seite 275) haben wir gesehen, daß zu Zeiten Karls des Großen die Saale schiffbar war. Gleiches war noch gegen das Ende des 17. Jahrhunderts der Fall, denn es wird vom 3. Dezember 1698 aus H. geschrieben, daß Klaus Wüscher und Martin Möhrer, beide Bürger von H., bei hohem Saalflusse mit einem Fischernachen, welchen sie mit Hasen, dürem Obste und anderen Victualien beladen, die Saale hinunter bis in den Main und zwar nach Frankfurt sich gewagt haben und in dritthalb Tagen – noch dazu bei conträrem Winde – die Reise nach Frankfurt zurücklegten.
Der Chronist bemerkt, „daß sie zwar, weil Möhrer des Fahrens unkundig gewesen, einige Male mit dem Nachen an’s Land verschlagen worden seien, daß sie aber einen größeren Nachen sich zulegen und die Reise mehr tentiren wollen“.
Auch der östereichische Erbfolgekrieg und der siebenjährige Krieg gingen nicht spurlos an H. vorüber. Während der ersteren lag im Mai 1743 ein schwedisches Dragonerregiment, von Marburg kommend, mit dem Stabe in der Stadt, und im November des. J. passirte das kaiserl. Dragonerregiment Prinz Taxis durch; in letzterem Kriege waren, nachdem Prinz Heinrich in Franken eingefallen war und die Reichsarmee verjagt hatte, die schwarzen oder Todtenkopf-Husaren ein besonderer Schrecken. Dieses Kriegsvolk brandschatzte im J. 1759 die Stadt sehr empfindlich.
Neue Leiden brachten die französichen Kriege.
Mitte Juli 1796 drangen die Franzosen über Gelnhausen und Hammelburg mit ganzer Heeresmacht gegen Franken vor; die Stadt wurde durch Requisitionen und Erpressungen, sowie durch Schand- und Gräuelthaten aller Art schwer heimgesucht. Als dann am 3. September die Armee der französischen Republik unter Jourdan von Erzherzog Karl von Oestereich in der zweitägigen blutigen Schlacht bei Würzburg vollständig geschlagen war, flüchteten die Trümmer des in der Nacht bei Arnstein nach dem Durchzuge durch den Gramschatzer Wald wider theilweise gesammelten französischen Heeres über Hammelburg gegen Fulda, und es schloß sich diesem davoneilenden Heere zu H. auch die von Schweinfurt anrückende, gar nicht in das Gefecht gekommene französische Division Lefevre als Nachhut an. Gleichzeitig verfolgte ein Theil des deutschen Heeres die französische Armee von Karlstadt her. Hatten die Feinde schon auf dem Hermarsche übel gehaust, so war dieses noch mehr auf dem Rückzuge der Fall, bei welchem die ohnedies lockeren Bande französischer Disciplin vollends zerrissen waren. Ueberall wurde geplündert, und was nicht mitgeschleppt werden konnte, verwüstet.
Anderseits herrschte aber auch Angst und Bestürzung unter den Flüchtlingen und sie suchten sich nicht nur vor den nachrückenden kaiserl. Truppen, sondern auch vor der Bevölkerung, welche über die erlittenen Schandthaten aufs Höchste empört war, zu sichern. So nahmen sie denn auch 5 Bürger von Hammelburg, den Amtsverweser Denner (mit Sohn), den Rathssenior Anton Franz Niedermaier, die Rathsverwandten Jakob Hesselbach und Jakob Rinecker und den Bürger Conrad Reuter als Geiseln mit sich fort und schleppten sie bis Cöln, wo sie gefangen gehalten wurden, bis nach mehrfachen Verwendungen bei dem Landesherrn und durch diesen bei der französischen Generalität ihre Freilassung erwirkt werden konnte. In einem Schreiben des Generalcommissärs Alexandre vom 3. Nov. 1796 wird ihnen die Freiheit angekündigt. Und darauf vom General-Brigadechef der Entlassungsschein ausgefertigt. Vermöge späteren hochfürstl. Dekretes vom 8. Oktober 1799 wurden aus den Rückständen an Oberamtes Hammelburg Steuergeldern zur Entschädigung für die Geiseln eine Diätenvergütung von 800 fl. angewiesen und so vertheilt, daß Denner 240 fl., Niedermaier, Hesselbach und Rinecker je 160 fl. und Vonrad Reiter 80 fl. erhielten, welche Raten auch durch Amtskeller Weber am 11. November 1799 ausgehändigt wurden.
Bald nach dieser Kriegsdrangsal kamen für Hammelburg wichtige politische Veränderungen.
Neun Jahre lang hatte das schwache deutsche Reich vergeblich gegen die Franzosen gekämpft, empörend hatten die Soldaten der französischen Republik am Rhein, in Schwaben, Bayern und Franken die Bürger gequält und ausgesaugt – ärger, als es je in der Geschichte vorgekommen, und die Verzweiflung der deutschen Völker hatte den höchsten Grad erreicht. Da kam endlich am 9. Februar 1801 der Friede von Leneville mit Frankreich zu Stande, nach welchem unter Anderm auch die geistlichen Fürstenthümer in Deutschland solchen weltlichen Fürsten, welche jenseits des nun die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bildenden Rheinstromes Besitzungen gehabt hatten, zugetheilt wurden.
So gelangte mit Rücksicht auf eine zwischen dem Könige von Preußen und der französischen Republik am 23. Mai 1801 errichtete Convention und „durch anderweitig gepflogene Unterhandlungen und getroffene Vereinbarungen“ das Stift Fulda mit allen seinen Zugehörungen in säkularisirtem Zustande an Wilhelm Friedrich, Erbprinzen von Oranien-Nassau als Entschädigung „wegen des bei dem neuerlichen Friedenswerk von seinem Hause erlittenen Verlustes.“ Das Besitzergreifungspatent ist datirt Oranienstein 2. Oktober 1802.
Durch § 12 des Reichsdeputationshauptbeschlusses vom 25. Februar 1903, welcher die Vertheilung der säkularisirten geistlichen Länder besorgte, war diese Gebietsabtretung bestätigt worden.
Allein schon im J. 1806, als der Krieg zwischen Frankreich und Preußen ausgebrochen war, ließ Kaiser Napoleon durch Dekret vom 23. Oktober desf. J. das Fürstenthum Fulda, weil Prinz von Oranien im preußischen Heere diente, mit der Erklärung in Besitz nehmen, „daß der Fürst von Fulda nicht mehr regieren würde“. Napoleon ließ nun das Fuldaer Land durch seinen Schwager Joachim Morat, Großherzog von Berg, administriren und überließ es 1810 an das damalige Großherzogthum Frankfurt, bei dessen allgemeiner Organisation es dem Departement Fulda einverleibt und am 19. Mai übergeben wurde.
Als endlich der Würgengel Europas auf den Schlachtfeldern von Leipzig durch die alliirten Völker bezwungen und nach Frankreich zurückgejagt worden war, kam Fulda mit Hammelburg unter die Oberhoheit Oestereichs und durch Staatsvertrag mit Oestereich vom 14. April 1816 an die Krone Bayern, für welche am 3. Mai 1816 durch den Staatsminister Phil. Anton Max v. Zurhein das Amt Hammelburg übernommen wurde35 . (Urk. Im kgl. Archive.)
Im Jahre 1819 wurde Hammelburg als Landgericht organisirt.
So war denn das seit mehr als 1000 Jahren bestandene, mit dem Abte Sturmius begonnene geistliche Stift Fulda unter seinem letzten Fürstabte Adalbert III. von Harstall aus der Reihe der Staaten verschwunden. „Gleichsam als wollte das Schicksal den Bewohnern des Stiftes Fulda ein schmerzliches Andenken alter Tage geben, hatte es als letzen Abt den edelsten und besten Fürsten berufen, der je zu Fuld die Insel getragen“, - schreibt ein patriotischer Fuldaer.
Und wie Hammelburg, die zweitbedeutendste Stadt dieses Hochstiftes, mit seiner Entstehung merkwürdig verknüpft war, indem dasselbe durch seine Zugabe zumeist begründet wurde, so ist es auffallend, daß eben wieder Hammelburg es war, welches sich von der so lange bestandenen Zusammengehörigkeit trennen mußte, nachdem das Stift als solches aufgehört hatte und einen neuen Herrn erhalten sollte.
Doch hatte Hammelburg diesen Wechsel nicht zu bereuen, denn wenn es auch nicht zu leugnen ist, daß unter dem milden Krummstabe und in dem kleinen Staate die Arbeiten des Friedens vortheilhaft gediehen und die Hörigkeit eine humanere Gestalt, als in anderen Ländern, annahm, so waren doch die Unterthanen bei der Schwäche der Regierung allen nothwendig daraus hervorgehenden Unruhen und politischen Drangsalen ungleich mehr ausgesetzt und mußten verhältnißmäßig noch höhere und schwerere Lasten tragen, als dieses anderswo der Fall war; „gieb, leide und entbehre“ lag als schwerer finanzieller Fluch auch über Buchonien.
Einzelne der fuldaischen Aebte waren allerdings mit tiefem Verstande und einem seltenen Reichthume gelehrter Kenntnisse begabt, waren mit dem herschenden und wechselnden Zeitgeiste vertraut, auch bei den schwierigsten und wichtigsten Angelegenheiten des Reiches und seiner Fürsten zu Rathe gezogen, sonach vollkommen geeignet, das Staatsruder zu lenken; allein die Mehrzahl derselben war mit den Ordensregeln und dem Breviere besser bekannt, als mit den politischen Verhältnissen und der Kunst, gut zu regieren, sie blieben bei Erfüllung der gewöhnlichen Pflichten stehen und hinterließen nicht die mindeste Spur eines rühmlichen Wirkens, so daß auch für die Unterthanen kein Heil erblühen konnte. Deshalb fühlte Hammelburg bald die Segnungen der Regierung der Wittelsbacher, und schnell und zusehends hob und mehrte sich sein Wohlstand

© Hammelburger Geschichte 2023. Design by divohab

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.