Hammelburger Geschichte(n)

A. Allgemeines.
Hammelburg ist eine der ältesten Städte des Königreichs Bayern und des ehemaligen geistlichen Stiftes Fulda.
Wie bei allen alten Oertlichkeiten, so begegnen wir auch in der Geschichte Hammelburgs zuerst jenen ausschmückenden, von den im Volke fortlebenden Erinnerungen an geschichtliche Zustände und Persönlichkeiten, an dunkel gewordenen Thaten hervorgebrachten Erzählungen, welche wir als geschichtliche Sagen kennen.
Das Volk erzählt, daß auf dem gegen Westheim zu liegenden sogenannten Hammelberge einst eine mächtige Burg gestanden, in welcher die herrschsüchtige und grausame Gemahlin des Thüringerkönigs Hermenfried, die ostgothische Prinzessin Amalberga, ihren Sitz gehabt und von hier aus ihre arglistigen, ränkesüchtigen Pläne verfolgt habe. Es sind keine Spuren von dieser Burg mehr zu sehen, aber ihre Existenz will die Sage verbürgen, daß ein Schäferknabe, welcher an dieser Stätte eingeschlafen, im Träume von einem stattlichen Frauenbilde in ein prächtiges Schloß, welches auf dem Hammelberge stand, eingeführt wurde. Hier war jedes Zimmer, das es sah, glänzend und prächtig ausgeschmückt, überall waren reiche Schätze aufgehäuft. Den einfachen Schäferknaben reizte aber nur die schöne Blume, welche ihm denn auch die Frau gab und auf dem Hut steckte. Als der Knabe aufwachte, zierte auch wirklich die Blume den Hut, aber sie war von lauterem Golde und lange noch hat man dieselbe aufbewahrt und gezeigt.
Nach einer anderen Volkserzählung gab die Frau, welche den Schäferknaben in das im Hammelberge versunkene Schloß einführte, demselben eine Blume und die Erlaubnis, von den vorhandenen Schätzen so viele zu sich zu nehmen, als er nur wünsche. Der Knabe füllte sich denn auch den ganzen Hut mit eitlem Golde, vergaß aber in der Glückseligkeit über seine Reichthümer die Blume aus dem Schlosse mitzunehmen, und als er aufwachte, war das Gold aus seinem Hute und damit auch das geträumte Glück verschwunden; - der Thörichte hatte den Schlüssel zum Bergschlosse und zu seinen Schätzen auf immer verloren!-
An diese Sagen knüpft sich die Behauptung, daß die Stadt Hammelburg von dem ehemals auf einem Berge gestandenen Schlosse der Amalberga – Amalburg – den Namen habe.
Andere wollen den Namen von einer Schwester oder Gemahlin Kaisers Karl d. Gr. Ableiten, welche Amaley geheißen und ein Schloß an der Saale (Saaleck) erbaut und bewohnt habe, in dessen Nähe dann ein Städtchen angelegt worden, Amaleiburg – Amalburg – Amelburg – Hammelburg.
Letztere Annahme ist offenbar unrichtig, wie schon die uns zu Gebote stehende geschriebene Chronik ausführlich darlegt.
Ueber die Entstehung und den Namen Hammelburgs schreibt nämlich der Klosterchronist 1 
„Viel‘ gute Leut‘ halten dafür, daß, sie von dem Kaiser Carolo Magne die berühmten Orte am Main: Karlstadt, Karleburg und Karlsbach genannt worden, also auch die Stadt Hammelburg ihren Namen bekommen habe von einer aus seinen Gemahlinnen, welche Amaley geheißen. –
Wiewohl ich aber dieser vielen gelehrten Leute Vermuthung nicht strafe, weil noch zur Zeit von so alten Sachen nichts Gewisses und Beständiges verkündet werden können, darnach achte ich, es sei diese Stadt viel älter und habe auch ihren Namen vor Kaiser Caroli Leben gehabt, und dieß aus der Ursache, weil sie zu Kaiser Caroli Zeiten nicht erst erbaut, oder zu bauen erlaubt worden, sondern als eine schon bewohnte Stadt an das Stift Fulda ergeben worden, auch in derselben Uebergebung ganz und gar nichts zu finden, daraus einige Vermuthung geschöpft werden könnte, daß Carolus ihren Namen geändert. Daraus es sich ansehen läßt, es sei dieser Flecken lange zuvor von Andern erbaut worden, und soviel den Namen belangt, mag er vielleicht denselben bekommen haben von dem alten und weitberühmten Geschlechte der Amalorum, welche mit den fränkischen Königen, so in diesem Lande gegiert, befreundet waren. –
Es sei aber mit diesen Dingen, wie es wolle, wo wir schon vom ersten Anfange dieser Stadt, auch vom Ursprunge ihres Namens nichts Beständiges anzeigen können, so ist dennoch dieses gewiß, daß sie unter Kaiser Karls des Großen und seiner Vorfahren Herrschaft gewesen. –
Denn unter anderen Antiquitäten hat man zu Hammelburg Copieen und Abschriften2  der Donation und Verschreibung, in welcher Kaiser Karl dem Gotteshause zu Fulda die Stadt Hammelburg an der Saale mit Zugehör zueignet, auf daß die Brüder des Klosters Fulda des Herrn Kaisers in ihrem Gebete eingedenk seien und Gott für sein und des Reiches Heil anrufen, auch daneben aus solcher seiner Begnadigung desto besseren Unterhalt, Nahrung und Kleidung haben möchten.
Und ist zu merken, daß der Herr Kaiser in gedachter Uebergebungsschrift diesen Ort nennet locum fisci nostri, situm juxta fluvium Salam, das ist eine Stadt, dem kgl. Fuscus gehörig und schreibt sie Hamaleburg. Dann die Aufführung der Ringmauer und Erbauung der Kirche sammt anderen Bäuen zeigen an, daß sie hernach erst herüber diesseits der Saale, bessere Gelegenheit halber, versetzt worden sei, sintemal diese jetzige Stadtmauer in die 400 Jahre nach gedachter kaiserlicher Uebergebung aufgeführt worden. –
Dieweil dann aus angeregter Donation offenbar, daß diese Stadt vor Zeiten der Krone Frankreich zuständig und noch von den alten Saalfranken unter der Herrschaft und Gebiet der fränkischen Könige blieben; -- also ist glaublich, dieselbe Stadt H. habe von denselben Königen ihre 3 weißen Lilien, welche in gemeiner Stadt insignibus oder Wappen geführt werden. Denn zur rechten Hand derselben hat die Stadt des Stiftes Fulda schwarzes Kreuz in weißem Felde, daneben stehen zur anderen Seite drei weiße Lilien mit aufgethanen Häuptern im rothen Felde. Diese Lilien haben sich unsere Voreltern ohne Zweifel anfänglich nicht von oder für sich selbst angemaßt, sondern haben sie von der Obrigkeit, der sie unterthänig waren, empfangen.“
Eine andere Erklärung des Namens der Stadt H. suchte Prof. Dr. Reuß in Würzburg zu finden, indem er Band VI. Heft 1 S. 93 der Archivs des histor. Vereins f. Unterfr. schreibt, Hammelburg verdanke wohl seinen Namen dem Gründer Hamulo (von Hamal, multo, truncatus, Hammel) und bemerkt, die Stadt sei zuerst erwähnt bei Martene scr. 1. 22 als castellum Hamulum im J. 715, als fiscus bei Perz im J. 768, als immunitas und villa seit 811 und 823 bei Schannat.
Der Ableitung vom Vierfüßler „Hammel“ folgt – freilich per lusum ingenii – der Medicinalrath Dr. Schwarz von Fulda in seinen Buchenblättern S. 107, indem er den Grund der Benennung, in dem „Hammelsbraten“ finden zu müssen glaubt, welcher bei der Besitzergreifung verspeist worden sei. Der gute Herr hat wohl nur eine Spielerei versucht.
Auch römischer Ursprung ist der Stadt vindicirt, wobei zumeist das Wort castellum und der dicke Thurm auf Saaleck die Begründung liefern sollen. (Vgl. hierüber unten B. XXVII. „Saaleck“.
In den Quellen heißt die Stadt: Hamuloburgum, Hamulanburg, Hamalumburg, Hamlburg, Hamalaburg, eine Bezeichnung, welche weder zu Amalberga, noch zu Amaley, noch zu Amaler passen will. Richtiger wird die Annahme sein, daß die Stadt von dem in den ersten geschichtlichen Nachrichten vorkommenden castellum Hamulo, dem Gründer Hamulo ihren Namen habe. Als solches castellum wird Hammelburg in einer Urkunde vom 19. April 716 erwähnt, nach welcher der ostfränkische Herzog Hetan oder Heden dem ehrwürdigen Vater und Herrn Willibrord sein Schloß ad Hamulo gegen Westen über dem Saalflusse, im Saalegau gelegen, mit Feldern, Wiesen, Weiden, Wäldern und Wässern ihrem Laufe nach mit Knechten und 8 Mägden ec. schenkte und übergab in der Absicht, daß in Hammelburg ein Kloster gegründet werde.3 
Es waren damals vom Rheine und der Donau her schon die ersten Schimmer des christlichen Glaubeslichtes in Franken eingedrungen, aber das Evangelium konnte noch nicht feste Wurzeln fassen. Der größte Theil der christlich gewordenen Franken kehrte wieder zum Heidenthume zurück, oder verunstaltete doch wenigstens die heilige Lehre durch heidnische Gebräuche, so daß die fromme Absicht Hetans, zumal derselbe, dem Aufgebote seines Lehensherrn folgend, auf dem Schlachtfelde von Vincy 717 seinen Tot fand, damals nicht erreicht wurde.
Um diese Zeit wird auch Hammelburgs in seinem Briefe des Erzbischofes Lullus von Mainz erwähnt, welcher dieser an den damaligen Papst Gregorius schrieb, und worin er sich wegen eines schlechten Geistlichen, Enred genannt, beklagte, welcher gestohlene Pferde nach Hammelburg verbracht habe.
Bald darauf finden wir Hammelburg als eine durch Regierungsact des großen Karl, Königs der Franken und Longobarden, sehr merkwürdig gewordene Stadt. Nach der im kgl. Reichsarchive zu München befindlichen Original-Urkunde vom 7. Januar 777 – abgedruckt bei Dronke codex diplomaticus Fuldensis Nro. 57 – gab Karl der Große seinen nächst der Saale gelegenen königlichen Fiscus, die Stadt Hammelburg mit ihren Zugehörungen und nächsten Umgebungen, den Dörfern Eschenbach (Achynebach), Diebach (Thyufbach) und Erthal (Harital) der fuldischen Kirche, welcher Abt Sturmius vorstand, zum Geschenke.4

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