Hammelburger Geschichte(n)

AURA

Um die Erhaltung der mittelalterlichen Baureste
Aura a/S., den 19. Oktober 1872.
Gehorsamster Bericht und Bitte der
kath. Kirchenverwaltung von Aura
Die Erhaltung von Kunstwerken und die Aufstellung einer Gedenktafel betr.


An das
königliche Bezirksamt

Wie aligemein anerkannt ist, hat die Kgl. bayerische Staats-Regierung von jeher ein großes Interesse und eine segensreiche Thatigkeit dafür an den Tag gelegt, daß die Kunstwerke früherer Jahrhunderte dem Untergange entrissen und die Namen und Thaten großer und bewahrter Manner, besonders des Königreichs Bayern, dem Vaterlande zum Ruhme und dem Volke zum dankbaren Gedächtnisse und zur Nacheiferung überliefert wurden.
Von dieser Überzeugung wurde die gehorsamst unterfertigte Kirchenver-waltung geleitet, wenn sie hiermit dem königlichen Bezirksamt, welches dem Guten und Schönen stets jegliche Förderung angedeihen laßt, Nach-stehendes mittheilt:.
1. Bekanntlich bestand in Aura a/S. eine im Jahre 1113 gegründete Benediktiner-Abtei. Als 1. Abt stand derselben vom Jahre 1112 bis zum Jahre 1130 der weitgereiste und berühmte Geschichtsschreiber des Mittelalters, Namens Ekkehard, vor. Derselbe starb zu Aura am 23. Januar 1130 und liegt in der Mitte der Kloster- und nunmehrigen Pfarrkirche von Aura begraben. Von diesem Namen sagt Trithemius, daß er gewesen sei: „vir in divinis scripturis eruditissimus et in saecularibus litteris nulli in Germania suo tempore doctorum inferior, metro excellens et prosa." Professor Dr. Waitz  sagt in seiner „Entwicklung der deutschen Historiographie im Mittelalter" von ihm, daß er einer der drei bedeutendsten Geschichtsschreiber des Mittelalters gewesen sei. Ekkehard gab nämlich heraus:
a)eine allgemeine Chronik von Erschaffung der Welt bis zum Jahre 1125,
b)eine Kaiser-Chronik vom Ursprunge  der   Franken   und Karl dem Großen bis zum Jahre 1125;
c)als Auszug aus seiner allgemeinen Chronik die Geschichte Alexanders des Großen, der Gothen, Hunnen, Franken, Langobarden u. Sachsen;
d)die Geschichte der Kreuzzüge - Hierosolymita genannt - vom Jahre 1099 bis 1104. Er machte selbst einen Kreuzzug mit.
Hr. Domkapitular Dr. Reininger zu Würzburg verfasste im Jahre 1862 eine Monographie der Benediktiner-Abtei Aura. In derselben heißt es auf S. 38 von Ekkehard: „Wir müssen unsere Freude aussprechen, das Andenken an einen gelehrten, großen und edlen Mann, der in einer schwierigen Zeit sein Leben dem Dienste der Kirche und den ernsten Studien der Geschichte geweiht, erneuert und belebt zu haben, können aber den Wunsch nicht bergen, es möge diesem frommen Abte und eifrigen Geschichtsschreiber in der ehemaligen Kloster-, nun Pfarrkirche zu Aura, wo er gelebt, gewirkt und seine letzte Ruhestätte gefunden, in Erz oder Stein ein Denkmal errichtet werden, welches noch den späten Nachkommen Ekkehards Ruhm und Verdienst im Frankenlande verkünde."
2. In derselben Monographie heißt es ferner:
„Die prachtvollsten und interessantesten Reste romanischen (u. frühgot.) Baustyles, deren Anblick an die Ruinen des Kaiser-Palastes Friedrich I. zu Gelnhausen erinnert, finden sich an der Südseite an der Mauer des gegenwärtigen Friedhofes von Aura,- sie sind noch ziemlich gut erhalten, während jene an der Westseite fast unkenntlich und zerstört sind. Es sind sechs Fensteröffnungen mit Spitzbögen, die auf schönen byzantinischen Säulchen ruhen. Drei Fenster bilden eine Abteilung, indem das dritte von rechts und links bei ihrem Zusammenstoßen auf gesonderten Säulen-Paaren stehen, sodaß wir hier vier Säulchen beisammen erblicken, während immer die Bogenenden von zwei angränzenden Fenstern auf einem in der Mitte befindenden Säulchen ruhen. Sie haben Würfelkapitale und stehen durch zierlich ausgeschweifte Kämpfer mit den Bogen in Verbindung. Diese Fensteröffnungen sind zum Theile zugemauert, zum Theile schon an den Saulchen beschädigt und werden wohl auch der Unbild der Zeit noch unterliegen müssen.  Diese Bauüberreste gehören dem Anfange des 12. Jahrhunderts an."
Das vorstehend Gesagte ist vollkommen richtig und namentlich scheint das, was im vorletzten Satze vermuthet wird, sich bestätigen zu wollen,-denn diese Überreste der Baukunst werden wohl in allernächster Zeit, obwohl deren Erhaltung nach dem Urtheile eines kgl. Baubeamten mit 50 fl. zu bewerkstelligen wäre, dem Zusammensturze anheimfallen. Die unterfertigte Kirchenverwaltung halt es deshalb für ihre Pflicht, das kgl. Bezirksamt ganz ehrfurchtsvollst zu bitten, es möge bei Hohenkönig-licher Regierung befürwortend dahin wirken, 1. daß dem berühmten Geschichtsschreiber des Mittelalters, Ekkehard in der Pfarrkirche zu Aura aus irgend einem Staats-, Kreis- oder Baufonde - denn die Gemeinde Aura, die ganz arm ist, kann hiefür nichts leisten - etwa eine Gedenktafel von Erz gesetzt werde, und daß 2. diese Überreste römischen Baustyls erhalten werden,- und zwar um so mehr, da jahrlich viele Curgaste Kissingens nach Aura kommen, um die Kloster-Ruine Aura und diese Merkwürdigkeiten zu besichtigen,- so z. B. vor einigen Jahren Ihre Majestäten, der Kaiser und die Kaiserin von Rußland. In schuldiger Verehrung beharrt des königlichen Bezirksamtes
gehorsamste Kirchenverwaltung
gez. Fuchs, Pfarrer,
gez. Schmitt, Pfleger,
(Siegel)gez. Moritz. Burgermeister
Sig. Paroch. Cathol. Aurau. Martin Herterich u. Gg- Reuß

Dieser hier etwas gekürzt wiedergegebene Bericht führte zu den über mehrere Jahre sich erstreckenden Verhandlungen mit Bezirksamt und Regierung, Kammer des Innern, sowie dem Ausschuß des Hist. Vereins in Wurzburg. Nach Aufstellung eines Kostenanschlages (von 57,25 fl.) durch den Distriktstechniker Deppisch übernahm der Histor. Verein die Restaurationskosten und ließ 1874 die Wiederherstellung ausführen. Pfarrer Fuchs bedankt sich für die gute Ausführung am 29. Sept. 74 beim kgl. Bezirksamt und erinnert an die Ekkehardus-Gedenktafel. Auf neuerliche Bitten des Pfarrers 1875 und 1876 wird auch diese Tafel angebracht, wieder durch den Geschichtsverein von Unterfranken. Die Inschrift lautet:

E k k e h a r d u s

zuerst Mönch des St. Michaels-Klosters zu   Bamberg,  dann erster Abt in der durch Bischof Otto von Bamberg gestifteten
Benediktiner-Abtei Aura, ein berühmter Geschichtsforscher seiner Zeit,  Verfasser  mehrerer   bedeutender   Werke,  ein frommer
und  strenger  Ordensmann,  starb  im Rufe der Heiligkeit am 20. Februar 1130 und wurde in der Mitte dieser Kirche zur Erde bestattet.
R.     I.    P.


Auch heute ist die Frage der Rettung von Auras guten mittelalterlichen Baudenkmälern   vor dem Verfall wieder brennend geworden. Als Ende Juni 1952  Herr   Regierungspräsident Dr. Kihn in   Trimberg weilte, besichtigte er die Baureste  und ließ sich von der wieder dringenden Notwendigkeit des  Eingreifens überzeugen.   Das Landbauamt Kissingen hat einen  guten Plan zum Ausbau des  Kapitelsaales für eine Leichenhalle unter gleichzeitiger Restaurierung und  Erhaltung historischer Denkmäler ausgearbeitet.
Dem Plan ist jede Förderung zu wünschen. Es wäre eine sichtbare Brücke von der Vergangenheit zur Gegenwart.
Kbr.

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