Hammelburger Geschichte(n)

 

Zeitgenössische Landkreis-Chronik

Der Zeitchronist hat unter seinem Gesichtswinkel diesmal eine Menge zu berichten, was nur beweist, wie rührig und fortschrittlich Stadt und Landkreis eingestellt sind.

l. Der Fremdenverkehrs- und Verschönerungsverein, seit dem Herbst mit Bürgermeister Kaiser und Stadtrat Apotheker Walter Gerhard an der Spitze, hat sein Wirken zum Wohle der Allgemeinheit, wobei Herrn Oswald Ackermann + für jahrelange führende Tätigkeit noch herzlich zu danken ist, im Jahre 1954 weiter intensiviert durch Errichtung des lang geplanten Verkehrsbüros im Rathaus. Herr Oskar Friedrich hat sich um die Leitung und den Ausbau dieser Beratungsstelle, welche heute mit Werbeschriften aller deutschen Landschaften und Städte ausgestattet ist und mit allen Auskünften über Verkehrswege, Gaststätten und Sehens-Würdigkeiten (auf neutraler Basis) dienen kann, größte Verdienste erworben, ebenso wie die Gastwirte, welche das Büro finanziell tragen. Auch war Herr Friedrich bemüht, alle ankommenden Gesellschaften zu beraten und zu führen oder sachkundige Führungen zu vermitteln Gute Dienste leistete bei dieser Betreuungsarbeit das (leider erst im Spätsommer) erschienene Sonderheft der Heimatblätter: „Kleiner Führer zu den Kunstdenkmälern in Stadt und Landkreis Hammelburg", das schon weite Verbreitung gefunden hat und wegen seiner Reichhaltigkeit in jeder Gaststätte zur Betreuung der Besucher ausliegen sollte (1.50 DM) - Ein weiteres Verdienst erwarben sich Stadtverwaltung und Fremdenverkehrsverein durch die Ausgestaltung einer großzügigen Weihnachtskauf-Werbung. Marktplatz und Hauptstraßen waren vom 1. Adventsonntag ab von Tannengrün-Girlanden und Lichterketten eingesäumt Auf grün umwundenen Stangen thronten bunte Märchenfiguren, von Volksschulklassen (Lehrer Kamm) und Waisenhauskindern liebevoll angefertigt Allabendlich erstrahlten Straßen. Rathausbalkon und Marktbrunnen, sowie Lichterbäume in weihnachtlichem Glanz. Der Zweck, dadurch zum Einkaufsbesuch in der Kreisstadt anzuregen, wurde zweifellos erreicht.
Ein besonderes Anliegen des Fremdenverkehrs war immer schon die Schaffung von Ruhe- und Erholungsplätzten. Dieses Ziel wurde in den letzten beiden Jahren durch das ..Jugend-Sozialwerk" der Caritas wirksam unterstützt Es entstand die schöne Grünanlage mit Ruhebänken an der Thulbabrücke und es erfolgte dann der Ausbau der Michelbach-Anlage mit Spazierwegen und Rodelbahn am „Schützenhäusle" im Liebenthal. Der Dank aller gilt Ob.-Insp Hohmann, Forstmeister Köppke und Herrn Hans Full für Anregung und Durchführung

2. Die Rathausfassade. Am Erinnerungstag des Brandunglücks vor 100 Jahren, welcher mit der Weihe einer modernen Feuerwehrleiter, der Enthüllung einer (von Jos Ruppert geschnittenen) Ehrenbürger-Gedenktafel im Rathaus und einer großen Übung der Kreisfeuerwehren unter Leitung von Fell/Vater und Fell/Sohn begangen wurde, fand abends eine Stadtratssitzung statt, die in Anwesenheit eines Vertreters des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege und einiger Gutachter recht stürmisch verlief. Es waren von München im Zusammenhang mit dem bereits vorgesehenen Neuverputz des Rathauses Pläne vorgelegt worden, welche (unter Verzicht auf Zutaten des Wiederaufbaues von 1855) auf eine weitgehende Regotisierung mit einem einfachen Treppengiebel hinzielten. Die Pläne verfielen, nachdem sie viele Debatten für und wider angeregt hatten, wegen der Kosten der Ablehnung mit großer Mehrheit im Stadtrat. Auch die "billigere" Lösung findet allgemeinen Anklang.

3. Besuch des Bundespräsidenten Als das Rathaus gerade erneuert wurde, bekam unser Städtchen den überraschenden Besuch des Bundespräsidenten, Prof. Dr. Heuß, welcher sich über 2 Stunden die Stadtpfarrkirche und andere Baudenkmäler zeigen ließ, sich in bester Laune mit allen unterhielt und zum Abschluß auf Schloß Saaleck noch ein Gläschen Saalecker probierte.

4. Die Heinrich Ullrich-Chronik. Es war für die Stadt ein großer Entschluß daß sie sich bereit erklärte, die Stadtchronik des Taubst-Obl Heinrich Ullrich, ein umfangreiches Manuskript und sozusagen das Lebenswerk des Verfassers, in Druck zu geben. Die ursprünglich veranschlagten Druckkosten erhöhten sich noch erheblich und der Stadtrat brachte auch dieses Opfer. So konnte das ausgezeichnete Werk mit vielen Zeichnungen noch vor Weihnachten erscheinen Es ist auf bestem Papier gedruckt; bei dem relativ niedrigen Preis (5- DM broschiert, 7.50 DM gebunden) sollte es jeder Hnmmelburger - daheim und in der Fremde - erwerben Es ist überall als ein auf gründlichem Archivstudium faßendes Quellenwerk anerkannt worden

5. Neuer Ehrenbürger der Stadt. In der Sylvestersitzung des Stadtrates wurde eine Ehrung ausgesprochen, welche allgemeine Zustimmung gefunden hat. Dem fast 85 jährigen, in New-York lebenden Sohn unserer Stadt. Herrn Dr. Ludwig Anton Ewald, Univ. Prof und Chirurgen, welcher sich nicht nur als Wissenschaftler und Helfer der Menschen, sondern auch durch sein stets mutiges Eintreten für sein deutsches Vaterland größte Verdienste erworben hat. wurde das Ehrenbürgerrecht der Stadt Hammelburg verliehen. Eine künstlerische Urkunde darüber wird ihm auf diplomatischem Wege ausgehändigt werden. Unseren herzlichsten Glückwunsch!

6. Neue große Projekte.
Saalebrücke, Kreiskrankenhaus, .Neue Volksschule.

a. Die neue große Saalebrücke, vom Weihertor ausgehend und in sanftem Rechtsbogen in die Untereschenbacher Straße einmündend, geht ihrer Vollendung und Einweihung entgegen. Wir berichten dann eingehend über sie.

b. Mit einem voraussichtlichen Kostenaufwand von 1,3 Millionen DM errichtet der Kreis am Gommersberg einen Krankenhaus-Neubau - nachdem der Ausbau des alten durch die Regierung abgelehnt wurde - mit dem der erfahrene Würzburger Architekt Jörg Gründel auf Grund eines ausgezeichneten Entwurfes beauftragt wurde. Es sind 80 Betten und modernste Einrichtungen, sowie Kapellen für beide Konfessionen vorgesehen. Die Finanzierung ist gesichert. In schärfstem Tempo gelang es der Schweinfurter Großfirma Riedel, die Fundierungsarbeiten noch vor dem Kälteeinbruch zu beenden. Das alte Krankenhaus wird, anstelle von Schloß Saaleck, Altersheim werden. Am  18. Mai wurde bereits Richtfest gefeiert.

c. Die Stadtverwaltung hat das Projekt des dringend notwendigen Volksschulneubaues in Angriff genommen Unter 8 Architekten (mit den einheimischen Ruser und Schirling), wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, welcher am Südwestrand der Stadt, am sog. Katzenrasen, im 1. Bauabschnitt zunächst 8 Schulräume mit dem für modernen Arbeitsschul-Betrieb notwendigen Einrichtungen vorsieht. Oberbaudirektor Wiesieger-Würzburg lenkt die Vorplanung. Jörg Gründel, Würzburg wurde 1. Preisträger.

d. Die Stadt hat nach Versuchsbohrungen an der Kissinger Straße hinter der Imhof-Fabrik einen Tiefbrunnen erbohrt und gefaßt, welcher ca. 12-15 Sekundenliter leistet. Durch H.H. Dechant Röll wurde die Quelle unter dem Namen "Marienbrunnen" geweiht.

e. Der Jahresschlußbericht der Stadt nennt des weiteren für 1954: Erweiterung des Kanalisationsnetzes, Neubesiedlung im Oberfeld, Kirchplatz-Pflasterung, Anlage von Spazierwegen und Ruhebänken, Förderung von Kulturaufgaben u. a. m
Der Landkreis nennt in seinem Jahresrückblick den Wiederaufbau von Brücken und Straßen, Instandsetzung der öffentlichen Gebäude, Kirchen und Schulen. Die Förderung der Landwirtschaft erweist allein der Bestand von 268 Zugmaschinen. Die Rinder-Tbc-Bekämpfung war weiter erfolgreich : tbc-frei sind nun 27 Prozent. Fünf neue Wasserversorgungsanlagen wurden gebaut mit Kosten zwischen 425000.- DM (Euerdorf, und 42000.- DM (Ochsenthal). Der Bau von Wirtschaftswegen erfuhr mit 220 000.- DM Kosten eine wesentliche Vermehrung, ebenso die Entwässerung und Kanalisation der Ortschaften u a m.

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