Hammelburger Geschichte(n)

Lastenausgleich vor 150 Jahren


In den Kriegszeiten zwischen 1793 und 1816 hatten sich auch unsere Vorfahren mit den Problemen des Lastenausgleiches zu befassen. Es war dies seinerzeit nicht eine Angelegenheit des Staates, sondern die Gemeinden mußten selbst die Lasten tragen und ausgleichen, so auch die Gemeinde Sulzthal.
In den Anfangsjahren nahm sie zu diesem Zwecke Kredite bei einheimischen und fremden Bürgern auf; trieb Waldungen ab und veräußerte gemeindlichen Besitz. Sie verarmte jedoch derart, daß zur Tragung der Kriegskosten alle Schatzungspflichtigen Einwohner auf dem Umlagewege anteilmäßig mittragen mußten.
Schon die Rekrutengestellung erfolgte zu Lasten der Gemeinde. Im Juni 1793 wurde durch hochfürstliches Dekret verfügt, daß das Hochstift mehr Soldaten benötige. Auf je 8 Reichsthaler - 12 fl. rh. Schatzung hatte die Gemeinde einen Rekruten zu stellen. Da die Schatzung für Sulzthal 45 Tl. betrug, hatte sie 3 7/12 zu stellen. (Die sich ergebenden 7/12 wurden mit Nachbargemeinden verrechnet.) Das Dorfgericht nahm taugliche Rekruten gegen ein Anwerbgeld von 200 fl. und ein Trinkgeld nach Übereinkunft an; sie mußten dann auf die Dauer von 6 Jahren für die Gemeinde dienen. Im Dezember 1794 forderte der Fürst schon wieder Rekruten nach dem Schatzungsfuße von 5 Reichsthalern, sodaß Sulzthal wiederum 6 Rekruten zu bezahlen hatte. Am 12. Februar 1797 hatte Sulzthal wiederum 3 7/12 und am 12. März 1800 2 7/18 Rekruten zu stellen; doch wurden in den Gemeinderechnungen keine Anwerbgelder für Rekruten mehr geduldet. Die Rekruten wurden aus den Männern im Alter von 18-30 Jahren ausgelost. Die Ausgelosten konnten aus eigenen Mitteln einen Mann stellen. Das Anwerbgeld war aber schon auf 400 fl. für 6 Jahre Dienstzeit gestiegen.
Enorme Kosten verursachten der Gemeinde die Einquartierungen, die Fouragelieferungen, gen. „Magazine", die Fuhrleistungen, Plünderungen, u.. dgl. Am 14. März 1799 wurde ein großes „Magazin" - Lieferung von Haber und Mehl - nach Ellwangen befohlen, außerden waren dem kaiserlichen Kommisar in Ellwangen pro Zentner Haber 17 Kreuzer und pro Zentner Mehl 34 Kreuzer zu schenken. Diese Fouragelieferung machte für Sulzthal fast 2000 fl aus; sie erschöpfte die Finanzkraft der Gemeinde völlig. Eine neue Lieferung von Haber und Heu am 4. April 1800 und die im September auferlegte Kontribution nötigte die Gemeinde, bei einem Bürger in Langendorf 2000 fl. rh. aufzunehmen.
Nunmehr rissen die Lasten nicht mehr ab. Ein Zeitgenosse, ein einfacher Bauer, schreibt hierüber: „Welch ein Unglück! Kaiserliche Soldaten im Quartier, kostspielige Vorspanne zu leisten, Magazine umsonst zu liefern, dazu die schweren Kontributionen und noch Beitreibungskosten! Mit Gewalt will man den Untertanen an den Haaren zu Boden reißen. Und wenn er alles leidet und duldet, so ist er doch bei der befehlenden Klasse nur ein unnützer Knecht! Und nicht genug, man leitet ihn in noch grösseres Unglück. Wenn die Menschen nur wollten, wir könnten schon eine zeitliche Seligkeit genießen. Wenn Sie nur wollten, würde jede Last auf Erden verschwinden!"
Anfang Februar 1801 mußte wie alle fränkischen Gemeinden auch Sulzthal mehrere hundert Gulden an einen Würzburger Kaufmann B. für dessen angebliche große Lieferungen an die Franzosen bezahlen. Dies mußte innerhalb von 24 Stunden bezahlt werden, andernfalls mit sofortiger Militarexekution gedroht wurde. Die Bürger hielten dies für eine Schiebung und der Zeitgenosse schreibt: „Betrug! Dies hat man nur B. zu verdanken, denn wäre der Hehler nicht, wäre auch der Stehler nicht. Aber o B., der Himmel wird über dich wachen, wegen der Armen Schweiß und Blut, das du ihnen erpreßt hast. Gott wird dich richten!"
Die Magazinlieferungen wollten kein Ende nehmen; auch nach dem Friedensschluß von Lunéville hielten die Quartierlasten und Lieferungen an. Um die hohen Kriegslasten bezahlen zu können, versteigerte in diesem Jahre die Gemeinde das Gemeindewirtshaus (Gasthaus zum Hirschen) um den Preis von 2020 fl. rh.
Die Kriege Napoleons gingen trotz der Notschreie weiter. 32000 fl. mußte Sulzthal bis 1816 aufbringen, sodaß jedes napoleonische Kriegsjahr Sulzthal rund 3000 fl. gekostet hat.

A. Dietz.

 

© Hammelburger Geschichte 2023. Design by divohab