Hammelburger Geschichte(n)

SAALE-GAU-SAGEN

Die Hammelburger Goldpfennige

Der Abt von Fulda ließ im Hammelburger Büchsenhof, bei dem heutigen Feuerhaus, kupferne, silberne und goldene Münzen durch einen welschen Münzmeister aus Italien schlagen. Aufseher der Münze war der fuldaische Beamte Hyron. Anastasius Ankenbrand, der im Münzhaus wohnte, doch dem Südländer traute er nicht. Da er ein wachsames Auge auf ihn hatte, konnte nichts aus der Münze herausgelangen. Aber der Italiener hatte sich schon einen Plan gemacht, den Ankenbrand zu täuschen. Mit einem Nachschlüssel öffnete er den Eisenschrank mit dem Goldvorrat, schlug aus dem Gold gewöhnliche Pfennige und machte sie mit Schwefeldämpfen matt und trüb wie Kupfer. Draußen hatte er jemand, der sie zum Kupferwert erwerben sollte; dann wären die Komplizen verschwunden. Als die schweren Kisten herausgefahren werden sollten, nahm Ankenbrand eine Münze in die Hand. Sie entfiel ihm und klingelte auf dem Steinboden so schön, wie eben nur ein Goldstück klingeln kann. Die Probe wurde schnell gemacht und es erwies sich, daß durch die Treulosigkeit des Münzmeisters Gold- statt Kupferpfennige hatten hinausgeschmuggelt  werden sollen.
Der Münzmeister mußte seinen Frevel mit dem Galgen büßen. In die Tasche hatte man ihm drei der falschen Stücke gesteckt, welche dann der Henker behalten durfte.
(Die Münzen hatten auf der Vorderseite den Kopf eines Abtes mit breiter Mitra, auf der Rückseite einen Wappenschild mit 3 Lilien gezeigt. Hammelburg hatte 1400 durch Johann I. das Münzrecht bekommen.)


Vom Bau des Mönchsturmes

Im Jahre 770 schenkte Carlmann, Karls d. Gr. Oheim, die hl. Martinskirche dem Bistum Würzburg; 777 schenkte Karl selbst die Stadt mit Zugehörungen der Abtei Fulda. So waren später die Fuldischen die weltlichen, die Würzburger aber die geistlichen Herren des Ortes und gab dieses eigentümliche Verhältnis mehr als genug Anlaß zu Streit und Fehden zwischen beiden geistlichen Herren.
Der Abt Konrad III. nun, Malchos genannt, gedachte den Angriffen der Würzburger zu begegnen und begann jene mächtige Befestigung zu bauen, von der heute nur noch an der Kirche, am Mönchsturm und am Zenthaus Reste zu sehen sind. Während des Baues schon mußten sich die Bauleute oft gegen würzburgisches Volk zur Wehr setzen und zu den Waffen greifen, sodaß der Fürstabt auf Vollendung drängte. Von fuldischen Dörfern zog man Leute heran; Fuhrwerke mußten Material zuführen und wer nicht mauern konnte, der mußte Kalk und Steine karren. Einem wimmelnden Ameisenhaufen glich damals die Stadt. Noch waren die hufeisenförmigen Türme zu vollenden, von denen nur der nördliche und der südliche heute noch stehen.
Da verkündete der Abt den Bauleuten: „Von jener Baugruppe, welche ihren Turm am ersten schafft, darf der Maurer mit der größten Hand aus dem Schatz des Abtes soviel herausholen, als er mit einem Male greifen kann und jeder soll gleichviel davon erhalten". Damit begann ein wildes „Wettrennen", wer am ersten fertig würde. Die Steinmetzen kamen kaum mehr mit; die Bauarbeiter trieben die Stein- und Kalkträger selbst aufs schärfste an. Als aber die vom Baderturm denen vom Mönchsturm den Vorwurf machten, sie hätten ihnen in der Nacht Baumaterial weggefahren, kam es zum offenen Kampf; es gab blutige Köpfe und bittere Feindschaft und Hiebe fast jedesmal, wenn sich zwei der Verfeindeten irgendwo begegneten.
Das Wettbauen aber gewannen die vom Mönchsturm. Feierlich wurde ihnen vom Abt die Belohnung ausgehändigt. Da kam vom Baderturm die Trauerkunde, daß sich dort drei, ein Vater von 8 Kindern, ein junger Mann und ein Fremder, zu Tode gestürzt hätten.
Nach einem tiefen Schweigen gab da der Vorarbeiter der Sieger kund und die anderen pflichteten ihm bei, der Herr Abt möge das Geld lieber den Hinterbliebenen der Verunglückten geben, in Gottes Namen. So tat man denn auch. Durch diese Tat des Edelmutes aber kam man zur Einsicht, und niemand trug mehr einem von der anderen Partei etwas nach. Der Hader der Türmebauer war damit zu Ende.
Nach Karl Schneider, Mchn.


Die Sündflut im Saaletaal


Als die ganze Erde bedeckt war vom Wasser der Sündflut, hielt Noah vergeblich Ausschau nach dem festen Land. Aber eines Tages begannen die Wasser zu fallen und die Arche saß fest. Als das Wasser weiter fiel und Noah aus der Arche steigen konnte, sagte er freudig: „So, den Berg haben wir!" Der Berg über dem Saaletal hatte damit seinen Namen gefunden: „Sodenberg". - Dann entließ Noah auch seine Tiere und sie suchten sich vom Berg aus neue Weideplätze und Heimstätten. Die Ochsen waren sehr bald in Ochsenthal, die Hammel kamen nach Hammelburg, die Wölfe nach Wolfsmünster, die Füchse nach Fuchsstadt, die Hunde liefen bis Hundsfeld, die Katzen nach Katzenbach, die Schweine nach Schweinfurt, die Raubvögel flogen nach Geiersnest. So haben die Tiere unsere Gegend bevölkert und den Orten ihre Namen gegeben. Das kündet die Sage. Geschichtlich sieht sich die Sache ja etwas anders an: Die Namen sind wie folgt abzuleiten: Hammelburg von Hamalunburg bzw. vom Castellum ad Hamulo; Wolfsmünster ist das Münster des h'. Baugulf, Ochsenthal ist der Ochsenstall der Sodenberger, Katzenbach ist Chatten- (=Hessen-) bach, Fuchsstadt hieß 822 Fusestat und Hundsfeld war einmal Hunos Feld. Der Sodenberg aber, von dem diese Scherzsage ausgeht, war früher ein Kilianstein und dann der Thüngensche Sotenberg.
Volkssage.
  
Das Kreuz auf der Leisten


Zwischen Hammelburg und Westheim liegt ein steil abfallender Berg, die „Kanzel" oder die „Leisten"' geheißen. Da führte früher auf der Höhe ein Fahrweg entlang, den der Baron vom nahen Schloß wegen der schönen Aussicht gern benützte. Als er eines Tages dort oben mit seinen Kindern spazierenfuhr, stieg er an der Krümmung aus und ging hinter dem Wagen her. Plötzlich gewahrte er, wie der Wagen ins Rutschen kam und musste entsetzt zusehen, wie vor seinen Augen Rosse und Wagen mit den erschreckt aufschreienden Kindern in die Tiefe glitten. Er sank in die Knie und gelobte in heißem Gebet, eine Bildsäule stiften zu wollen, wenn Gott ihm nur seine beiden Kinderlein erhalte. Und wirklich blieben, wie von Zauberhand gehalten, am Fuß des Berges Roß und Wagen stehen, sodaß der herabgeeilte Vater unter Tränen der Freude seine geretteten Lieblinge in die Arme schließen konnte. Der Baron vergaß sein Versprechen nicht und ließ bald nachher dort an der Leisten einen prächtigen Bildstock aufrichten mit der Inschrift: „In allen Stürmen, in aller Not, wird er dich beschirmen, der treue Gott".
Nach Hermann Fischer.
  
Der Boote aus Fulda
(Die späten Trauben)

Das Verdienst, zuerst den Wert der „Edelfäule" erkannt zu haben, wird den Saaleckern zugeschrieben. Jenes wundervolle Aroma später Trauben, das den Gaumen des Zechers so lind streichelt, soll man hier durch einen erstaunlichen Zufall erzielt haben und das sei folgendermaßen geschehen: Seit der Schenkung des großen Karl an den fuldischen Abt Sturmius, anno 777, hatte die Abtei in Hammelburg zuerst 8 und dann noch mehr Weinberge nördlich der „Villa" und südlich des Schloßberges. Des letzteren Weine aber waren würzig und schwer und nicht umsonst lief bei den Fuldischen das Sprüchlein um: „Wer kommt nach Bieberstein und trinkt Saalecker Wein, kehrt selten nüchtern heim." Den Beginn der Lese zu Saaleck aber bestimmte der Abt in Fulda jedes Jahr selber und zwar durch einen berittenen Knecht, den er eigens sandte und der ein gesiegeltes Schreiben im Wams trug, das die Erlaubnis zum Beginn der Lese enthielt. Diesen Knecht nun befiel einmal auf halbem
Weg in seiner Herberge ein hitziges Fieber, das ihn irre reden ließ und des klaren Bewußtsein beraubte. Wenn er lallend vom Weine und der Lese sprach, glaubte der Wirt, der ihm die kühlen Tücher auftat, daß nur die durstige Zunge ihm solche Bilder vorgaukele und ließ ihn trinken. Als der Bote nach 14 Tagen endlich wieder klar wurde, galoppierte er eilends gen Hammelburg. Dort hatte der Herbst inzwischen die Trauben gargekocht; dort hingen aber auch die Beeren zum großen Teil schon welk, braun und angefault im schwindenden Laub der Rebstöcke. Das gab eine späte Lese in jenem Jahr und mißmutig schnitt man die unansehnlichen Trauben ab. Doch wie groß war das allgemeine Wundern, als man nach Monaten den geklärten Saft kostete! Niemand wollte erst glauben, daß dieser Wohlgeschmack von den faulen Trauben des späten Herbstes stamme, so würzig und duftig trank sich der Wein. „Edelfäule" nannte man bald überall das Wunder und noch heute wird in den Gärten von Saaleck spät gelesen.
(Vom Hörensagen.)


Die Schloßherrin von Saaleck


Die Sage erzählt, dort oben auf der Burg der fuldischen Amtmänner habe einst die grausame Thüringerin Amalberga gehaust. Um sich an den Franken für die Unterdrückung ihres Stammes zu rächen, habe sie fränkische Edelinge auf ihr Schloß gelockt und sie bei gegebener Gelegenheit vom steilen Fels in die Tiefe gestürzt. Nach einer anderen Überlieferung habe Amalberga, eine Verwandte des großen Karl, sehr das Weidwerk geliebt und ihre Weidgenossen zu frohen Gelagen zu sich auf die Burg geladen. Wenn sie aber der Liebhaber überdrüssig geworden war, dann ließ sie die genarrten Ritter in den Turm werfen und elendiglich verschmachten. Zur Strafe müsse sie nun ruhelos durch die Gegend irren. Nach einer jüngeren Sage wird der Name des mächtigen, aus derbem Buckelmauerwerk erbauten Bergfrieds, des „Blauen Hutes" erklärt. Da habe vor Urzeiten ein gerechter, menschenfreundlicher Ritter auf Saaleck gehaust. Hochmütig aber und boshaft sei sein Weib gewesen und, als gar der Burgherr in den Krieg ziehen mußte, da kannte ihre Grausamkeit keine Grenzen mehr. Blutig strafte sie die kleinsten Vergehen ihrer Untertanen und im Burgverließ schmachteten manche Unschuldige. Mit Grimm und tiefem Schmerz hörte der heimgekehrte Burgherr von ihren Untaten und stellte sie zur Rede; doch sie verlachte und verhöhnte ihn nur deshalb. Da faßte den Ritter heiliger Zorn. Mit dem Schwert drang er auf sie ein und sie entwich ihm, um die Wendeltreppe des Burgfrieds hinaufzueilen. Er aber setzte ihr nach und stürzte sie oben in seinem Grimm über die Mauer. Dabei löste sich der blaue Hut der Grafin und blieb an einem Kragstein hangen als weithin sichtbares Zeichen der strafenden Gerechtigkeit. Seitdem nannte das Volk den Turm den „Blauen Hut". — In Wirklichkeit wird jedoch das blaue Schieferdach dem Turm den Namen gegeben haben.
Nach Heinruch Ullrich.

 
Das schöne Burgfräulein


An den „Blauen Hut" des Schloßes Saaleck knüpft sich noch folgende Sage: In dunklen Winternachten hört man vom Schloß herunter oft ein klägliches Wimmern und Rufen. Es ist das Burgfräulein, das aus der Gruft steigen und ruhelos umherwandern muß, um schwere Schuld abzubüßen. Vor vielen hundert Jahren war sie aus Tirol hierher zu ihren Verwandten gezogen und wegen ihrer wunderbaren Schönheit bald im ganzen Frankenland bekannt geworden. Von den vielen Jünglingen, welche ihrer Schönheit huldigten und um sie warben, wußte aber keiner, welcher Teufel von Hochmut und Grausamkeit hinter ihrer schönen Maske verborgen war. Kam einer, um sie zu freien, so lockte sie ihn lächelnd in ihre Kemmenate und ließ ihn dann mit einer Ausrede allein. Da öffnete sich dann plötzlich eine andere Tür; Bewaffnete stürzten sich auf den Ahnungslosen, beraubten ihn und warfen ihn in das finstere Verlies des Burgturmes, wo er verschmachtete. Endlich taten sich die Verwandten der Unglücklichen zusammen, stürmten das Schloß und holten sich ihre Wertsachen wieder.
Das Fraulein wurde zum selben Tode verdammt, den sie anderen bereitet hatte und so endete sie elendiglich in Schande und Moder. Auf dem Turme aber ward die Spitze mit einem eisernen Tirolerhut bedeckt, damit die Untaten der Tirolerin nicht vergessen würden.
Nach Hch. Ullrich.
 
Die Saalnixe

Ein Jäger sah einmal von ferne am Ufer der Saale eine anmutige Nixe sitzen, damit beschäftigt, mit ihrer Angel Fische zu fangen. Angelockt vom Liebreiz ihrer feinen Gestalt stieg er ins Tal hernieder, gesellte sich zu ihr und schmeichelte ihr mit betörenden Worten. Als er dabei ihr Geschick bewunderte, Fische zu angeln, meinte sie, sie habe wohl noch bessere Angeln, deren sich niemand mehr entledigen könne. Das verstand der Jäger wohl, denn er fühlte sich bereits mit seinem Herzen an der Zauberangel gefangen. Selig, die Liebe der holden Wasserjungfrau gefunden zu haben, neigte er sich zu ihr, um den ersten Kuß von ihren Lippen zu rauben. Da entglitt sie ihm spottend und sank vor seinen Augen in die Wellen der Saale. Enttäuscht und im Herzen verwundet starrte der liebetrunkene Jäger der Treulosen nach, deren Lachen er noch im Gurgeln des Wasser zu hören meinte.
Noch heute wandelt freudlos und einsam der Jäger im Tale der Saale
auf und ab und beklagt oft in den Nächten sein trauriges Schicksal mit
vernehmlichen Schmerzenslauten.
Volkssage
 
Das heilige Kreuz auf dem Sodenberg

Voll Stolz rühmten sich einst die Grafen von Rieneck, daß Karl der Große selbst, der eine Gräfin von Rieneck geehelicht, ihnen große Besitzungen und ein stattliches Schloß auf steilem Hügel über der Sinn, zunächst Reineck genannt, verliehen habe.
Etwas oberhalb von Rieneck liegt Burgsinn, wo schon im 9. Jahrhundert die Edlen von  Synna eine Burg  gehabt, die nach ihrem Aussterben an den Ritter Hiltolf von Thüngen gekommen war; das war im Jahre 1001. Der Jüngling Gerhard von Rieneck, ein wackerer Ritter, und wegen seiner Liebenswürdigkeit bei reich und arm sehr beliebt, teilte den überheblichen Stolz seines Geschlechtes nicht und warb um die schöne Gisela von Thüngen, die er oft auf Burgsinn besuchte. Der alte Thüngen gab, wenn auch widerstrebend, dem Bunde seinen Segen. Doch Gerhards Vater, zornentbrannt, schwur, daß er nie und nimmer eine Vermählung mit der Unebenbürtigen zugeben werde. Als Gerhard mit dieser üblen Kunde nach Burgsinn kam, da verschwor sich auch der alte Thüngen, die Schmach der Abweisung an allen Rieneckern rächen zu wollen. Nicht umsonst habe ihnen das Volk den Beinamen der „Wilden" gegeben. Die Liebenden mußten sich für immer trennen. Gerhard fiel auf einem Kreuzzug im Heiligen Land, wovon später Kunde an Gisela gelangte. Gisela aber war von ihrem Vater nach dem Kilianstein auf dem Sotenberg bei Hammelburg gebracht worden, einem Ganerbenhaus des Geschlechtes, damit sie ohne Verbindung mit dem Rienecker sei. Unter alten Buchen ließ dort Gisela ein Kreuz errichten, allwo sie vom Herrgott ein baldiges Ende und damit die Vereinigung mit dem Geliebten erflehte. Bald wurde ihr Bitten erhört. Das Kreuz, durch Philipp von Thüngen 1515 erneuert, wurde unter dem Namen des „heiligen Kreuzes vom Sodenberg" Ziel frommer Wallfahrt und Verehrung.
Aus dem Sagenschatz von Unterfranken und Aschbg
Das Kreuz steht heute noch im Schatten altehrwürdiger Buchen da. Über ihm ist ein kapellenartiger Aufbau errichtet; davor sind Bänke für die Besucher. In der Kapelle sieht man noch hölzerne Krücken und Tafeln mit der Inschrift: „Ich bin erhört worden". - Der Platz soll früher der Begräbnisort der Bewohner des Sodenberges gewesen sein. Es geht auch die Sage, daß bei Errichtung des Kreuzes auf dem Sodenberg ein hölzernes Kreuz aus der Erde gegraben worden sei. Alljährlich am Pfingstmontag findet dort vor einer großen Gemeinde von Gläubigen aus der ganzen Umgegend ein Waldgottesdienst statt.
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Der Ohrfeigenacker
(Diebach bei Hammelburg)

Wenn man von Diebach auf dem Verbindungswege gegen Ochsenthal zu geht, liegt links am Wege - beim Wegweiser - der Ohrfeigenacker. Dieser Acker hat nach mündlicher Erzählung seinen Namen auf folgende Weise erhalten: Als in alter Zeit die Gemeindeäcker verpachtet wurden, da wollte kein Mensch diesen Gemeindeacker pachten, weil er an die beiden Wege grenzte und deshalb immer schadhaft war. Das damalige Ortsoberhaupt Schultes bot den Acker schließlich, als gar kein Gebot gemacht wurde, um eine Ohrfeige aus, d. h. wer den Acker haben wollte, sollte eine Ohrfeige erhalten und der Acker sollte um diesen „Kaufpreis" sein bleiben und notariell verbrieft werden. Nach langem Überlegen erklärte sich schließlich ein Ortsbürger bereit, die Ohrfeige in Empfang zu nehmen. Der Schultes erteilte nun in Anwesenheit aller Ortsbürger, die dem seltsamen Handgeld beiwohnen wollten, dem Bietenden eine Ohrfeige, aber so kräftig, daß der Empfänger zusammensackte und daß seine Wange noch nach 4 Wochen angeschwollen war. Die notarielle Verbriefung konnte dann erfolgen; seit jener Zeit heißt der Acker der „Ohrfeigenacker".

   
Die Schulzenwahl von Wasserlosen

Recht sonderbare Wahlmethoden gab es im Mittelalter, besonders zu jener Zeit, als die meisten Menschen noch des Lesens und Schreibens unkundig waren. Das eigenartigste Wahlverfahren aber dürfte in dem Orte Wasserlosen bei Euerdorf vorgekommen sein.
Die Schulzenstelle war erledigt, denn der langjährige Ortsvorstand war gestorben. Der Oberamtmann auf der Trimburg, ein Herr von Kronegg befahl allen wahlberechtigten Männern, auf das Schloß zu kommen. Im besten Sonntagsstaat waren sie auch dort erschienen und stellten sich im geräumigen Hofe im Kreise auf. Da erschien der Knecht des Oberamtmannes und hing jedem Wähler ein Bündel Heu um. Hierauf führte er den Esel des Oberamtmannes - ein Pferd konnte dieser des hohen Alters wegen nicht mehr besteigen - in den Kreis. Nun hatte der – Esel die Aufgabe, den Schulzen auszusuchen. Er lief ein Stück im Kreis herum, blieb dann vor dem Ortsbürger Kiesel stehen und fraß dessen Heubüschel auf. Kiesel war damit Schulze geworden. Der Wahlakt war zu Ende und der Scherz wurde mit Jubel aufgenommen. Damals gab es also keine Wahlakten, keine Stimmzettel, keinen Wahlausschuß und keine Bürgermeisterparteien. Eine glückliche, humorvolle Zeit!
Nach Fr. Roy.
 
Das heilige Blut von Thulba

Vor vielen hundert Jahren war da in Thulba ein geistlicher Herr; der zweifelte daran, daß bei der hl. Messe der Wein in Christi Blut verwandelt werde. Doch verschloß er diese Zweifel tief in seinem Herzen. Da geschah ihm eines Tages, daß er nach dem Sprechen der Wandlungsworte den Kelch umstieß und sich der Wein über den Altar ergoß. Furcht und Grauen erfaßten ihn, als er sah, daß wirkliches Blut auf den Altartüchern floß. Schnell raffte er das befleckte Tuch zusammen, um es unbemerkt hinter dem Tabernakel zu verbergen und amtierte weiter, als ob nichts geschehen sei. Doch erkrankte er am nächsten Tage schwer und starb am dritten Tage; er hatte jedoch zuvor gebeichtet und enthüllt, wo das Tuch steckte.
Nun wollte man das wunderbare Corporale durch drei fromme Männer der Gemeinde in einem kostbaren Gefäß zum Abt nach Fulda bringen lassen. Als die Boten die Grenze des Gebietes überschreiten wollten, läuteten auf einmal alle Glocken in Thulba und die Männer merkten erschreckt, daß das Tuch verschwunden war. Bei ihrer Rückkehr erstaunten sie noch mehr, denn niemand hatte das Läuten vernommen. Das Tuch aber lag im alten Versteck. Wieder zogen drei andere Männer gen Fulda; wieder läuteten die Glocken und das Tuch verschwand und ebenso geschah es zum dritten Male, daß das Tüchlein verschwand. Diesmal konnte man es aber um alles in der Welt nicht mehr finden.
Dem Abt, dem man alles berichtete, befahl nun, die Kirche im Innern ganz neu herzurichten. Dabei entdeckte man hoch oben am Altar an einer ohne Gerüst unzugänglichen Stelle das Tuch.
Nun blieb das wunderbare Tüchlein für immer in Thulba, wo es noch
heute gezeigt wird.

Nach Foersch.


Der Schäfer von Euerdorf


Ein Euerdorfer Schäfer weidete einmal gegenüber der Eiringsburg, da, wo die Wichtelhöhlen sind. Da kam aus einem Loch ein Wichtel herau's-gehüpft und rief, sich umdrehend hinein: „Werft mir einmal mein schwarzes Käppchen heraus!" und schon kam es geflogen. Der Zwerg setzte es auf und - weg war es. Verwundert stand der Schäfer; dann dachte er: „Das möchte ich auch einmal probieren!" Er trat vor das Loch und rief: „Werft mir einmal mein schwarzes Käppchen heraus" und - potz blitz! hatte er auch eines. Er setzte es auf und sogleich sah er auch den Wichtel wieder neben sich stehen. Sie schlossen Freundschaft und wanderten miteinander. Der Kleine gab ihm aber den guten Rat, er müsse sich vor allem vor Speisen hüten, in denen Kümmel sei. Der Schäfer versprach es. Doch, als sie gegen Mittag hungrig in einem Hofe einkehrten, - sie hatten sich ungesehen an den Tisch gesetzt und langten tüchtig zu - da kam Zwiebelbrühe mit Kümmel auf dem Tisch. Der Schäfer hatte im Eifer des Rats vergessen und nahm auch etwas von dieser Speise zu sich. Schon wurde ihn die Tischgesellschaft gewahr und der verblüffte  Hofbauer nahm sich   ihn tüchtig vor.  Er mußte beichten, woher er war und wie er unter die Tischrunde gekommen sei. Da verspottete man ihn weidlich und er war schließlich froh, daß er mit heiler Haut davonkam und den weiten Rückweg wieder antreten konnte.
Von einem alten Schäfer.


Das Bild der “Mutter zum guten Rat”

Bis zu den Bauernkriegen wurde in der Klosterkirche zu Aura ein Gnadenbild verehrt, welches die getreue Nachbildung einer Darstellung aus einer Wallfahrtskirche in der Nähe von Rom gewesen sein soll. Als die Türken die Hauptstadt Albaniens belagerten, beschloß man dort in einer geheimen Ratssitzung, die zwei führenden Verteidiger den Türken zu überliefern, um vom Tribut freizukommen. Die beiden Helden, die ihr Leben verloren glaubten, baten, in der letzten Nacht noch einmal vor dem Gnadenbild der Muttergottes beten zu dürfen. Beim Gebet bemerkten sie, wie die Hand der Madonna ihnen winkte und sahen eine Flamme, die sie ungefährdet aus der Stadt und durch das Türkenlager führte. Die Türken verfolgten sie zwar, doch an der Adria erhielten sie abermals ein Feuerzeichen beim Gebet und wandelten über das Meer. Sie traten in ein Kloster ein und kamen später nach Aura, wo ein Mönch die ganze Begebenheit auf eine Leinwand brachte, so wie er sie in der römischen Wallfahrtskirche gesehen hatte. So wurde Aura zum vielbesuchten Gnadenort.
Nach Hohm.
 

Die Magd vom Sodenberg

Auf dem Sodenberg bei Hammelburg hat vor alten Zeiten ein stolzes, viertürmiges Schloß gestanden. Eine Zofe der Schloßherrin hatte mit einem Edelknecht auf der - eine halbe Stunde entfernten - Reußenburg ein Liebesverhältnis, aber der Weg war ihr oft zu weit. Lieber wäre sie zu ihrem Liebsten durch die Lüfte nach der Reußenburg geflogen. Und wirklich trat eines Tages der Böse in Gestalt des grünen Jägers (auch des roten Spielmanns a.a.O.) vor sie und schlug ihr einen Pakt vor, bei dem er sich verpflichtete, sie zur Nachtzeit auf dem Rücken eines Ziegenbockes durch die Lüfte zu führen. Als ihre Zeit aber abgelaufen war und der Böse seine Beute mit sich in die Verdammnis reißen wollte, da klammerte sich die unglückliche Zofe so an einem Bildstock fest, daß die Spur ihrer 10 Finger an ihm sichtbar blieb. Es war aber vergebens; die Arme mußte mit ihm hinab zur Hölle fahren. Der Bildstock trug lange eine Steintafel mit der Aufzeichnung der traurigen Begebenheit. Die Zeit hat die Inschrift verwischt, doch soll der Eindruck der zehn Finger noch lange zu sehen gewesen sein.
Volkssage
  
Die Rasenmühle im Schondratal

Etwa einen Kilometer talaufwärts, oberhalb der Papiermühle von Gräfendorf, liegt ein weiter grüner Platz, der „Rasen" genannt. Da stand früher eine schöne Mahlmühle, die Rasenmühle, welche für die umliegenden Ortschaften mahlte. Von der Mühle selbst ist nichts mehr erhalten, doch sieht man noch den weiten Platz, auf dem die Mühle gestanden haben soll und es führt auch gerade von dieser Stelle aus ein Weg nach Dittlofsroda. Von der Rasenmühle aber geht folgende Sage: Der letzte Müller soll ein gottloser Mensch gewesen sein; auch war er als großer Wilderer in der ganzen Gegend bekannt. Wenn die Leute des Sonntags zur Kirche gingen, streifte er in den Wäldern umher. In seinem Hause hörte man auch am Sonntag sägen und hämmern und die Leute redeten übel von seinem unheiligen Tun. Eines Tages zerbrach ihm der Wellbaum des Mühlrades und er ging just am Dreifaltigkeitstage mit seiner Axt in den Wald, um eine mächtige Eiche für einen neuen Wellbaum zu fällen. Das war während des Gottesdienstes und laut hallten die Schläge der Axt durch die feiertägliche Waldesstille. Plötzlich war es ihm aber, als ob ein Ächzen und Drohen rings um ihn ertöne. Ein Sturm hatte sich auf einmal erhoben, drehte die Eiche wie einen Strohhalm rundum und begrub mit ihren Ästen den unseligen Frevler. Niemand hörte seine Hilferufe, bis ihm der Atem ausging. Das Glück schwand mit diesem Tage aus der Mühle, sie verfiel; die Familie ist verschollen. Sein Geist aber spukt noch in den Wäldern. Am Dreifaltigkeitstage hört man die Schläge seiner Axt, die schon manchen in die Irre geführt haben.
Nach Foersch u. a.

 

Die „Kulturelle Spalte', die „Zeitgenössische Landkreis-Chronik", die 3 Fragen und Antworten, sowie der „Spaziergänger" mussten aus technischen Gründen in diesem Sonderheft entfallen.(Red.,

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