4. Mögliche Gründe für Hedens Güterschenkungen an Willibrord
Es stellt sich natürlich die Frage, weshalb Herzog Heden Willibrord die zuvor erwähnten Güterschenkungen gemacht hat. Zumal diese in einem relativ kurzen Abstand von lediglich zwölf Jahren erfolgten. Auffällig ist ebenso, dass Heden den Besitz der Person Willibrords persönlich schenkte, wobei dies „weniger der materiellen Förderung Willibrords als vielmehr [...] der missionarischen Erfassung Thüringens“32 dienen sollte. Die Urkunden von 704 und 716 lassen nur zu einem gewissen Grad die inneren Beweggründe Hedens und seiner Frau für die Schenkungen erkennen. „Von der Sorge um das ewige Heil der Seelen wird berichtet, doch darf man sich dieses Motiv nicht als allein ausschlaggebend vorstellen.“33 In der Hammelburger Urkunde schreibt Heden „aus Furcht vor dem Herrn und zur Mehrung [seines] Lohns“34 , es ist wohl der Lohn im Himmel gemeint, verschenkt er sein Gut. Weiterhin wird die Absicht zur Errichtung eines Klosters bekundet; wahrscheinlich, um für Willibrord einen Missionstützpunkt zu schaffen.
Das Geschlecht der Herzogfamilie war als fränkisches bereits im 7. Jahrhundert christlich.35 Dennoch betrachten die meisten Historiker diesen Fakt nicht als ausreichend, um damit die Güterschenkungen vollständig begründen zu können. „Die Beziehungen des Würzburger Herzogs zu Willibrord sollen sich aus vermuteten verwandtschaftlichen Bindungen zwischen der Familie Hedens und dem moselländischen Adel erklären.“36 Derartige Verbindungen werden zum einen zu Irmina von Oeren gesehen, die vor 698 in Echternach ein kleines Kloster gründete. Die Namensgebung Imminas, der Tochter Hedens, „seien neben der Verwandtschaft mit Irmina von Oeren durch die Schenkung Hedens an die Irminastiftung zu erklären.“37 Prof. Dr. Matthias Werner kommt zu dem Ergebnis, dass „verwandtschaftliche Verbindungen der Familie des mainfrainkisch- thüringischen Herzogs Heden zum Umkreis der Irmina von Oeren [...], wie auch von dem Großteil der Forschung angenommen [wird], allenfalls über Hedens Gattin Theodrada bestanden haben [könnten]. Unmittelbare Belege hierfür stehen jedoch aus. 38
Für Willibrord bot sich mit der Schenkung Hedens womöglich eine gute Gelegenheit, seine missionarische Tätigkeit auf das Herzogtum Hedens auszubreiten. War die Herzogfamilie zwar schon seit einigen Jahrzehnten christlich gewesen, musste dies aber nicht ebenso auf die Landbevölkerung zutreffen. 706, zwei Jahre nach der ersten Urkunde, erhielt der Missionar eine große Schenkung von Pippin dem Mittleren und seiner Frau Plektrud und übernahm zudem das Kloster Echternach. Er wurde demnach vorerst aus Würzburg abgezogen. Weitere zehn Jahre später überließ Heden dem Geistlichen dann den „Besitz in Hammelburg mit dem ausdrücklichen Auftrag, hier ein Kloster zu gründen. Seine aus Friesland vertriebenen Helfer gingen offenbar zum Teil nach Thüringen und nahmen hier die Missionstätigkeit auf.“39