Hammelburger Geschichte(n)

800px Deutscher BundDeutschland war Mitte des 19. Jahrhunderts zersplittert in 39 unabhängige Staaten, Klein- und Kleinststaaten. Der lockere Deutsche Bund mit seinem Bundestag in Frankfurt scheiterte jedoch an den komplexen gesellschaftlichen Verhältnissen und den unterschiedlichen Interessen der Beteiligten.
Die großen Rivalen Preußen und Österreich kämpften zwar noch im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 Seite an Seite. Ihr gemeinsamer Sieg überdeckte den jahrzehntelangen Dualismus jedoch nur oberflächlich. Beiderseitige Rüstungsanstrengungen und Geheimverträge verstärkten die Spannung.
Anfang Juni 1866 marschierten preußische Truppen in Holstein ein, welches unter österreichischer Verwaltung stand und am 14. Juni 1866 beschloss die Bundesversammlung des Deutschen Bundes auf Antrag Österreichs die Mobilmachung gegen Preußen. Bayerns Truppen standen auf der Seite von Österreich.
Am 16. Juni begannen die Preußen mit einer Armee im Westen und drei Armeen im Osten die Grenzen der Staaten, die mit Österreich verbunden waren, zu überschreiten. Kampflos rückten sie in das Königreich Sachsen und in das Königreich Böhmen ein.
Nach mehreren Kämpfen kam es am 3. Juli zur entscheidenden Schlacht bei Königgrätz.
Bereits zuvor war es bei Langensalza zu Gefechten zwischen Hannoveranern und Preußen gekommen. Die zu Hilfe eilenden Bayern kamen jedoch zu spät und verloren mehrere kleinere Gefechte.


Der Krieg kommt zu uns
Blick aufs Niederthor vor der Schlacht (aus Fontane)

Der Oberbefehlshaber der Preußischen Mainarmee, General Vogel von Falckenstein, vermutete, dass sich die bayerische Armee und das VIII. Bundesheer zwischen der Saale und Fulda vereinen würden und zog mit seinen Truppen über die Rhön. Das Bundesheer missachtete jedoch den Befehl des Oberbefehlshabers Prinz Karl von Bayern und zog sich eigenmächtig nach Frankfurt zurück.
So standen sich am 9. Juli 1866 die Preußische Mainarmee und die Bayerische Armee an der Saale zwischen Hammelburg, Bad Kissingen und Waldaschaff gegenüber.
Hammelburg traf es nicht ganz unerwartet, denn seit dem 22. Juni 1866 kamen immer wieder bayerische Soldaten in unsere Stadt, quartierten sich ein oder zogen durch.
Meldungen von Zivilisten am 8. Juli über größere preußische Truppenteile bei Brückenau hatte das Militär ignoriert. Die Bevölkerung war allerdings beunruhigt.

Fontane 1a Buchberg

Am Morgen des 10. Juli marschierten unbemerkt preußische Truppen bis auf die Höhe vor Untererthal vor, während das bayerische Militär weit und breit keinen Angriff erwartete und Bataillone zum Essen fassen und Erholen zurückzog.
Um 10.30 Uhr beendete Kanonendonner diese Ruhepause. Eine preußische Batterie eröffnete das Feuer. Bayerische Kavallerie, die sich im Thulbatal befand, und ein Infanteriebataillon an der Kessenmühle ergriffen die Flucht. Die in der Nähe der Thulbabrücke stationierte bayerische Artillerie erhielt einen Treffer und ihr Kommandant wurde schwer verletzt. Daraufhin zogen sie sich ebenfalls zurück.
In Hammelburg waren noch 3 Bataillone mit ca. 2.500 Mann. Ihnen standen 13 Bataillone mit ca. 14.000 preußischen Soldaten gegenüber. Zwei der bayerischen Bataillone gingen entlang der Fuldaer Straße und des Thulbakanals den Preußen entgegen, wurden jedoch wieder zurückgeworfen.

(aus Rappert)

Um 14.00 Uhr begann dann der große Angriff mit der Beschießung Hammelburgs durch schwere Artillerie. Die preußische Infanterie ging in 2 Bewegungen vor. Einmal direkt vom Buchberg gegen Hammelburg und einmal durch das Ganstal über den Sindlesberg und den Ofenthaler Berg. Teile der Stadt gingen in Flammen auf. Auf Grund der preußischen Übermacht zogen sich die Bayern zurück. Gegen 15.30 Uhr marschierten die Preußen in das brennende und von den meisten Einwohnern verlassene Hammelburg ein.

 

 


Die Folgen des Krieges

Denkmal an der FaulstiegstrasseAm Ende des über 5 Stunden dauernden Gefechts waren folgende Verluste zu beklagen. (die Zahlen schwanken in den einzelnen Berichten, je nachdem ob sie von Zivilisten oder vom Militär aufgezeichnet wurden):

10 – 22 tote Preußen, 60 – 72 verletzte Preußen, 10 – 18 tote Bayern,  50 – 68 verletzte Bayern. In Hammelburg kam kein Zivilist zu Schaden. Die Toten wurden in Untererthal, im Hammelburger Friedhof und am Buchberg begraben, dort wo seit 1867 das preußische Denkmal steht.

 

Hammelburg nach dem Brand aus "Fontane"In der Stadt brannten 56 Gebäude ab, viele Felder und Weinberge wurden verwüstet. Die Preußen halfen beim Löschen, aber die 14000 Soldaten blieben in der Stadt, die damals 2700 Einwohner zählte. Die Hammelburger kamen nach und nach aus Kellern und Wäldern zurück und mussten als erstes  die Preußen einquartieren und versorgen. Die Verwundeten mussten verarztet werden. Die Preußen forderten riesige Mengen Verpflegung. Es wurde geliefert, was vorhanden war. Chaos war in der Stadt.
Am Morgen zog diese Division ab, aber abends kamen die 2 Divisionen Preußen zum Übernachten, die in Kissingen gekämpft hatten. Die 30000 Soldaten verursachten ein noch größeres Durcheinander, da kaum noch Lebensmittel verfügbar waren. Auch nach deren Abzug am Morgen war das Elend noch nicht vorbei. Die erste Division kam wieder zurück, fand aber nahezu nichts Essbares mehr vor. Die Soldaten randalierten. In dieser Nacht wurde Schloss Saaleck teilweise verwüstet. Es hieß, dass diese Woche für viele schlimmere Folgen hatte als der Stadtbrand von 1854.
Dann konnte endlich wiederaufgebaut werden. Die Spendenbereitschaft war vor allem in Bayern hoch. Nach einem Jahr konnten alle Hammelburger für ihre Verluste voll entschädigt werden. Die handschriftliche Buchführung darüber ist nahezu vollständig im Stadtarchiv erhalten geblieben.

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